Betriebliches Eingliederungsmanagement

Erfolgreich am BEM-Prozess beteiligt

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Quelle: nmann77_Dollarphotoclub

Damit das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gelingt, ist es wichtig, dass sowohl Betriebsrat als auch Schwerbehindertenvertretung daran beteiligt sind. Wie das rechtssicher funktioniert und wo die Grenzen der Beteiligung liegen, erfahren Sie von unserer Expertin Sigrid Britschgi in in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 3/2019.

Die Handlungsmöglichkeiten von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung (SBV) zur Ausübung ihrer Beteiligungsrechte sind nicht allein und abschließend in § 167 Abs. 2 SGB IX geregelt. Sobald eine über den Einzelfall hinausgehende Verfahrensordnung und allgemeiner Ablauf für das BEM etabliert wird oder werden soll, greifen auch die kollektivrechtlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsverfassungsgesetzes ein, insbesondere § 87 Abs. 2 Nr. 1, 6 und 7 BetrVG.

Klärung, Unterrichtung, Überwachung

Nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX klärt der Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betriebsrat und im Fall der Betroffenheit schwerbehinderter Menschen auch mit der SBV, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz (im Sinne von Arbeitsverhältnis) erhalten werden kann. Für Inhalte und Reichweite des Begriffs der Klärung gibt es keine den üblichen Beteiligungsrechten zuzuordnende Definition.

Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 22.3.2016 (1 ABR 14/14, AiB 11/2016, S. 60-61) ohne weitere Erläuterung die Auffassung vertreten, dass die Aufgaben des Betriebsrats im Rahmen des § 167 Abs. 2 SGB IX auf den »Klärungsprozess« beschränkt seien. Die Überprüfung der Wirksamkeit und Qualität durchgeführter Maßnahmen gehöre nicht mehr dazu. Dagegen wird zu Recht angeführt, dass die Klärung auch die Abschlussbeurteilung umfassen soll; denn nur, wenn ein Ergebnis festgestellt wird, ist ein Klärungsprozess abgeschlossen. Dementsprechend ist – auch bei Fehlen entsprechender Betriebs- oder Inklusionsvereinbarungen – für jedes BEM-Verfahren unter Beteiligung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung der Klärungsprozess gemeinsam durchzuführen, das heißt, Erörterung der Ziele, möglicher Mittel des BEM bis hin zur Feststellung, ob die durchgeführten Maßnahmen die beabsichtigte Wirkung erreicht haben. Der Klärungsprozess kann natürlich nur erfolgen, wenn der oder die betroffene Beschäftigte der Durchführung des BEM-Verfahrens zugestimmt hat.

Rechte aus § 87 Abs. 1 BetrVG

Im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aufgeführt, in deren Anwendungsbereich ein Initiativrecht für den Betriebsrat besteht. Das heißt, er kann nicht nur den Abschluss einer Betriebsvereinbarung aktiv verlangen. Vielmehr hat er beim Scheitern der Verhandlungen auch die Möglichkeit, die Einigungsstelle anzurufen. Kommt es auch dort zu keiner einvernehmlichen Regelung, wird diese durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt.

Das heißt im Umkehrschluss aber nicht ohne weiteres, dass die Betriebsvereinbarung zum BEM in vollem Umfang spruchfähig ist. Vielmehr ist bei der Ausgestaltung des BEM für jede einzelne Regelung zu prüfen, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Dies kann sich bei allgemeinen Verfahrensfragen aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, in Bezug auf die Nutzung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesundheitsschutzes aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergeben. Wie alle Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG stehen auch die oben genannten unter dem Vorbehalt, dass keine (abschließende) gesetzliche Regelung existiert.

Insoweit ist zu beachten, dass § 167 Abs. 2 SGB IX das »Ob« des BEM-Verfahrens ohne Ermessensspielraum regelt, indem es an die länger als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder wiederholt aufgetretene Arbeitsunfähigkeit anknüpft. Hinsichtlich des »Wie« des BEM gibt es in § 167 Abs. 2 SGB IX keine abschließende Regelung. Hier sollte jeder Betriebsrat – gegebenenfalls nach sachverständiger Beratung – mit Blick auf die betrieblichen Gegebenheiten eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten. Einvernehmlichen Regelungen, die ein konstruktives BEM-Verfahren als gemeinsame Zielvorstellung haben, sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Mehr zu den Grenzen der Beteiligung und dem korrekten Umgang mit hochsensiblen Gesundheitsdaten erfahren Sie in dem Beitrag »Interessenvertretung erfolgreich einbinden« von Sigrid Britschgi, »Arbeitsrecht im Betrieb« 3/2019, Seite 15.

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