Gleichbehandlung

7 Fragen zum neuen Entgelttransparenzgesetz

26. Januar 2018
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Quelle: magele_Dollarphotoclub

Seit dem 6. Juli 2017 gilt das Entgelttransparenzgesetz. Es soll die Entgeltungleichheit zwischen Männern und Frauen beseitigen. Das Gesetz schafft einen Auskunftsanspruch. Ab 2018 kann jeder Beschäftigte Informationen über die Vergütung eines ihm vergleichbaren Kollegen einfordern. Betriebsrat oder der Arbeitgeber sind in der Pflicht. Wir haben Ihnen 7 Fragen beantwortet.

1. Was passiert bei Entgeltungleichheit nach dem neuen Gesetz?

Das neue Entgelttransparenzgesetz (EntGTranspG) verbietet eine Ungleichbehandlung der Bezahlung aufgrund des Geschlechts. Für vergleichbare Arbeit müssen Männer und Frauen den gleichen Lohn erhalten. Das Gesetz gilt für Betriebe mit in der Regel mehr als 200 Mitarbeitern. Vertragliche Vereinbarungen, die gegen dieses Gebot verstoßen, sind unwirksam. Benachteiligte Beschäftigte können von ihrem Chef die Bezahlung verlangen, die sie erhalten würden, wenn keine Geschlechterbenachteiligung vorliegen würde. Im Detail kann der Nachweis schwierig werden, dass die schlechtere Bezahlung tatsächlich auf dem Geschlecht beruht. Oftmals gibt es andere Gründe: längere Betriebszugehörigkeit oder die bessere Qualifikation des Kollegen.

2. Sind auch mittelbare Benachteiligungen verboten?

Ja. Das Entgelttransparenzgesetz funktioniert ganz ähnlich wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Auch mittelbare Diskriminierungen sind verboten. Wird also ein Arbeitnehmer benachteiligt, weil eine eigentlich „neutrale“ Entgeltpraxis faktisch nur einem bestimmten Geschlecht Vorteile bringt, so ist dies diskriminierend. Werden Teilzeitkräfte – als Beispiel – immer mit einem geringeren Stundenlohn bezahlt, so kann dies eine mittelbare Diskriminierung bedeuten, wenn Teilzeitkräfte immer Frauen sind. Im Einzelfall ist die Diskriminierung immer zu prüfen. Das Gesetz ordnet allerdings ausdrücklich an, dass es sich im Falle geringerer Bezahlung bei Schwangerschaft oder Mutterschaft automatisch um eine mittelbare Diskriminierung handelt.

3. Kann eine Entgeltungleichheit ausnahmsweise erlaubt sein?

Ja. Nach dem Entgelttransparenzgesetz kann der Fall eintreten, dass eine Entgeltungleichheit in Kauf genommen wird, um ein anderes Ziel zu erreichen. Besonders „mittelbare“ Benachteiligungen, die quasi als Nebeneffekt eintreten, können gerechtfertigt sein. Ein Beispiel: Nachtarbeit wird durch Zulagen häufig besonders hoch vergütet. 90 Prozent der Menschen, die nachts arbeiten, sind aber Männer. Zwar liegt damit eine sog. „mittelbare“ Benachteiligung vor, dennoch kann diese gerechtfertigt sein. Denn die höhere Vergütung dient dem Ausgleich für die durch die Nachtarbeit entstehende besondere Belastung.

4. Was hat es mit dem Auskunftsanspruch auf sich?

Als eine wesentliche Neuerung durch das Entgelttransparenzgesetz gilt der Auskunftsanspruch der Beschäftigten. Er kann ab 6.1.2018 geltend gemacht werden. Jeder Beschäftigte hat dann einen Anspruch, die Höhe des Entgelts eines „vergleichbar arbeitenden“ Kollegen des anderen Geschlechts zu erfahren. Außerdem muss er, wenn er dies wünscht, über das Verfahren der Entgeltermittlung Aufschluss erhalten. Damit soll Transparenz in die Gehaltsstrukturen der Unternehmen kommen. Die Frage ist oft, was nun eine „gleiche oder gleichwertige“ Tätigkeit ist. Nur zu 100 Prozent identische Tätigkeiten sind gleich. Dies wird man nur bei reinen Routine-Tätigkeiten annehmen können. Gleichwertig sind aber bereits Tätigkeiten, die nach Art der Arbeit, Qualifikation, Arbeitsbedingungen etc. einigermaßen vergleichbar sind. Im Einzelfall wird die Bestimmung, welche Tätigkeiten untereinander vergleichbar sind, nicht einfach werden.

Entgelt im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes sind alle Grund- oder Mindestarbeitsentgelte sowie alle sonstigen Vergütungen, die unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden.

5. Gegen wen richtet sich der Auskunftsanspruch?

Adressat ist der Betriebsrat. Der Beschäftige muss seinen Auskunftsanspruch an den Betriebsrat richten - und zwar schriftlich. Nur wenn ein Betriebsrat im Unternehmen nicht vorhanden ist, ist der Arbeitgeber der richtige Ansprechpartner. Der Beschäftige muss in seiner schriftlichen Anfrage gleich eine Vergleichsperson benennen – des jeweils anderen Geschlechts, die eine „vergleichbare“ Tätigkeit ausübt und daher dasselbe Gehalt erhalten sollte.

Binnen drei Monaten müssen Betriebsrat oder Arbeitgeber dem Beschäftigen schriftlich Antwort geben. Diese umfasst das durchschnittliche Bruttoentgelt (bezogen auf ein Kalenderjahr) der vergleichbaren Person des anderen Geschlechts und, wenn gewünscht, auch Details zum Verfahren der Entgeltermittlung. Das Bruttoentgelt ist immer weit zu verstehen. Es umfasst alle Leistungen, die zum Gehalt gehören – also auch Sachleistungen wie Betreuungsplätze für Kinder, Kantine, Dienstwagen etc.

Unterlässt der Arbeitgeber die Auskunft oder verhindert er, dass der Betriebsrat antwortet, so ist der Arbeitgeber in der Beweislast, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgesetz vorliegt. Ob dies auch bei einer erfolgten, jedoch fehlerhaften oder unvollständigen Auskunft angenommen werden kann, ist noch nicht abschließend geklärt.

6. Gibt es datenschutzrechtliche Probleme beim Entgelttransparenzgesetz?

Ja. Aus Datenschutzgründen hat die Auskunft des Vergleichsentgelts jedoch zu unterbleiben, wenn nicht wenigstens sechs Beschäftigte des jeweils anderen Geschlechts in die Vergleichsgruppe fallen. Anderenfalls könnten Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden. Sinn des Auskunftsanspruchs soll es nicht sein, dass der einzelne Beschäftigte erfährt, welche Kollegen welches Gehalt beziehen. Das wäre mit dem aktuellen Datenschutzrecht auch nicht vereinbar.

7. Was hat es mit dem betrieblichen Prüfverfahren auf sich?

Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Mitarbeitern sollen ein sogenanntes „betriebliches Prüfverfahren“ durchführen. Ziel ist die Überprüfung der Entgeltgleichheit im Betrieb. Die Überprüfung umfasst Bestandsaufnahme, Analyse und Ergebnisbericht. Bei der Durchführung eine betrieblichen Prüfverfahren sind die Betriebsräte zu beteiligen.

Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die einen Lagebericht nach Handelsrecht erstellen müssen, sind verpflichtet, ab 2018 zusätzlich einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu erstellen. In diesem müssen diese Unternehmen ihre Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen und deren Wirkung für die Herstellung von Entgeltgleichheit präzise darstellen.

© bund-verlag.de (fro)

Ursprünglich veröffentlicht: 6.7.2017
Zuletzt geprüft und aktualisiert: 26.1.2018

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