Mitbestimmung

So geht Mitbestimmung beim Werkvertrag

09. Februar 2017
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Quelle: © Kzenon / Foto Dollar Club

Sie sind Bauarbeiter, Monteure oder Reinigungskräfte. Und sie werden beim Kunden ihres Arbeitgebers eingesetzt. Das muss oft schnell und flexibel ablaufen. Somit keine Zeit für Mitbestimmung? Doch! Fachanwalt für Arbeitsrecht Christopher Koll gibt in der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 2/2017 Tipps, wie der Betriebsrat zu seinem Recht kommt.

Der Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem sich der Werkunternehmer verpflichtet, für den Besteller gegen Vergütung ein Werk herzustellen. In der Praxis ist eher die Situation anzutreffen, dass das externe Unternehmen für den Arbeitgeber eine Dienstleistung erbringt, beispielsweise die Betreuung von Projekten, Reinigungsdienste, technische Serviceleistungen. Die vertragliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und externem Unternehmen kann also auch durch einen Dienstvertrag oder Dienstleistungsvertrag geregelt sein.

Mitbestimmung bei Arbeitnehmereinsätzen in Fremdunternehmen

Der Einsatz der eigenen Arbeitnehmer in anderen Unternehmen auf der Grundlage von »Werkverträgen« unterliegt zunächst dem klassischen Mitbestimmungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG. Insoweit hat der Betriebsrat im Betrieb des Auftragnehmers ein Mitbestimmungsrecht bei der Verteilung der Wochenarbeitszeit auf die Arbeitstage, bei der Dauer und Lage der täglichen Arbeitszeit sowie Lage und Dauer der Pausen. Hinzukommt die Mitbestimmung bei Überstunden und Kurzarbeit. Gerade in der Praxis handelt es sich um einen der wichtigsten Bereiche der betrieblichen Mitbestimmung. Das Mitbestimmungsrecht besteht dabei unabhängig vom Arbeitsort, das heißt, auch beim Einsatz in anderen Unternehmen sind die tägliche Arbeitszeit oder der Anfall von Überstunden mit dem Betriebsrat abzustimmen.

Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld stellt sich im Bereich des § 99 BetrVG, der dem Betriebsrat ein Zustimmungsrecht bei der Durchführung von personellen Einzelmaßnahmen einräumt. Bei einem Arbeitseinsatz in Fremdunternehmen stellt sich beispielsweise immer die Frage, ob eine Versetzung vorliegt. Nach § 95 Abs. 3 BetrVG bedingt eine Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die entweder länger als einen Monat andauert oder mit einer erheblichen Änderung der äußeren Umstände verbunden ist. Der permanente Wechsel des Einsatzortes führt dabei regelmäßig zur Änderung des Ortes, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist und damit auch zum Wechsel des Arbeitsorts. Damit liegt an sich die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs vor.

Problematisch ist dies jedoch in den Fällen, in denen der ständige Wechsel des Arbeitsortes gerade zum Wesen der Arbeitstätigkeit gehört, wie beispielsweise bei Bauarbeitern, Monteuren, Außendienstmitarbeitern etc. In diesen Fällen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) – ebenso wie bei Leiharbeitnehmern – das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 BetrVG verneint. Sofern die Entsendung des Arbeitnehmers allerdings über die deutsche Grenze ins Ausland erfolgt, liegt regelmäßig eine Versetzung vor.

Klassische Problemfelder beim Werkunternehmer

Typischerweise ist der Einsatz von Arbeitnehmern in Fremdunternehmen von einer gewissen Unplanbarkeit geprägt, die je nach Einzelfall unterschiedlich stark ins Gewicht fällt. Je nach den Anforderungen des Bestellers können Einsätze kurzfristig erforderlich werden, sie können unterschiedlich lange dauern und sie können auch völlig unterschiedliche Anforderungen an die Flexibilität während des Einsatzes selbst stellen.

Als Beispiel sei nur der Ausfall eines extern betreuten Servers genannt, der die gesamte Produktion lahmlegt und daher ad hoc vom Serviceunternehmen durch einen Servicetechniker behoben werden muss. Oder ein Unternehmen lässt ein bestimmtes Projekt extern betreuen, der Auftragnehmer weiß aber nicht, wie lange das Projekt dauern wird und ob es überhaupt Anschlussaufträge für ihn geben wird.

In allen Fällen ist damit zu rechnen, dass der Druck, der dort zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer aufgebaut wird, auf die Arbeitnehmer beim Auftragnehmer durchschlägt. Und damit liegen auch die Auswirkungen für die dort zu beteiligenden Betriebsräte auf der Hand, denn die bestehenden Mitbestimmungsrechte hindern den Auftragnehmer faktisch in seiner Flexibilität, auf die Anforderungen des Auftraggebers zu reagieren. Betriebsräte sehen sich daher häufig mit dem praktischen Problem konfrontiert, dass der eigene Arbeitgeber die Mitbestimmung regelmäßig mit dem Argument verletzt, dass er ohne sofortige Umsetzung der Anforderungen des Auftraggebers den Auftrag selbst und damit den Bestand des Unternehmens gefährde.

Sonderregeln für kurzfristige Fälle

Der Arbeitgeber ist auch der Meinung, dass er aufgrund der Kurzfristigkeit den Betriebsrat gar nicht richtig beteiligen kann. Rechtlich ist der Fall dagegen klar, denn die oben dargestellten Mitbestimmungsfelder kennen nur wenige Einschränkungen in Bezug auf mangelnde Planbarkeiten. So geht auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass selbst bei Eilfällen die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG voll durchgreift.

Besonders kurzfristige Fälle sind daher durch Sonderregelungen einzufangen, die typischerweise in Betriebsvereinbarungen hinterlegt werden. Dies kann beispielsweise auch über Betriebsvereinbarungen erfolgen, die die klassischen Arbeitszeitfragen des Betriebes regeln. Es können aber auch ständige Einigungsstellen vereinbart werden, die dann auch kurzfristig Meinungsverschiedenheiten auflösen und nicht auf eine Reduzierung der Mitbestimmung hinauslaufen.

Warum Betriebsräte an ihren Mitbestimmungsrechten auch beim Werkunternehmer festhalten sollten und wie gerichtlich durchsetzbar ist, lesen sie im Beitrag »Mitbestimmen beim Arbeitseinsatz« von Christopher Koll, AiB 2/2017, S. 37 - 39. Noch kein Abonnent der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!

© bund-verlag.de (EMS)

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