Weißbuch Arbeiten 4.0

Keine Experimente mit Arbeitszeiten

11. April 2017
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Quelle: fotomek_Dollarphotoclub

Das Bundesarbeitsministerium hat eine Debatte um die Zukunft unseres Broterwerbs angestoßen. Dazu hat es das »Weißbuch Arbeiten 4.0« vorgelegt, das auch Experimentier-Räume für eine flexiblere Arbeitszeit vorsieht. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hat das Ideenpapier gelesen, geerdet und bewertet. Ihren Beitrag aus »Guten Arbeit« (GA) 3/2017 gibt es hier kostenfrei und in voller Länge.


Immerhin ist im Kapitel 3 des Entwurfes zum »Weißbuch Arbeiten 4.0« (29.11.2016) ab der Seite 90 vom »Leitbild: Gute Arbeit im digitalen Wandel« die Rede. Diese Verpflichtung ist lobenswert und keinesfalls selbstverständlich. Doch trotz der Zielorientierung auf »Gute Arbeit« haben die meisten Ansätze im Weißbuch bisher nur den Charakter von Denkanstößen.

Sehr konkret wird es hingegen beim Thema Arbeitszeit: Eine gesetzliche Öffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz wird in Aussicht gestellt – z.B. zur Flexibilisierung von Ruhezeiten und der täglichen Höchstarbeitszeit. Damit ist eine politische Auseinandersetzung eröffnet, wie Annelie Buntenbach in der März-Ausgabe der Zeitschrift »Gute Arbeit« erörtert.

Ziele benannt, aber kaum Konkretes zur Umsetzung

Erklärtes Ziel des Dialogprozesses Arbeiten 4.0 sei ein »neuer Flexibilitätskompromiss«, so Buntenbach. Es gehe nicht allein um die Flexibilität von Arbeitszeiten oder Arbeitsorten, sondern es werde der Anspruch erhoben, einen »neuen sozialen Kompromiss« auszuloten. Allerdings erfülle das Weißbuch diesen Anspruch nur bedingt, denn es fehlten bislang konkrete Antworten auf viele offene Fragen. Herausforderungen und Ziele würden trefflich formuliert, eine Richtungsentscheidung, zum Beispiel für mehr Mitbestimmung und Teilhabe durch verbriefte Rechte und Rechtsansprüche bei Qualifizierungs- oder Arbeitszeitfragen – würde hingegen vermieden. Mit einer Ausnahme.

Arbeitszeitgestaltung: Büchse der Pandora?

Auffallend konkret ist der Vorschlag im Weißbuch für die Gestaltung flexibler Arbeitszeiten.

  • Positiv einerseits: Ermöglicht werden könnte ein Rechtsanspruch für die Beschäftigten auf befristete Teilzeit mit Aufstockungsanspruch. Dies ist im Sinne der Beschäftigten, besonders der Frauen, die Familie und Beruf unter einen Hut bekommen möchten. Die Angst vor der Dauer-Teilzeit-Falle wäre ihnen genommen. Doch genau dieses Vorhaben, das auf der politischen Agenda stand, hat die Große Koalition gerade auf Eis gelegt. Im Bundestagswahlkampf ist mit keinem konkreten Schritt in dieser Richtung mehr zu rechnen.
  • Negativ andererseits: Mit dem Vorschlag für eine Öffnungsklausel, die auf eine Absenkung der geltenden gesetzlichen Schutzstandards des Arbeitszeitgesetzes hinausliefe, könnte es aus der Sicht der Beschäftigten zu Verschlechterungen kommen: Etwa zur Abkehr von normierten Ruhezeiten (mindestens 11 Stunden arbeitsfrei ohne Unterbrechung) und der gesetzlichen Höchstarbeitszeit (acht Stunden, ausnahmsweise 10 Stunden). Beides birgt die Gefahr, dass Arbeitszeiten künftig auf dem Rücken der Beschäftigten noch leichter ausgeweitet werden könnten. Damit nähme auch der Arbeits- und Leistungsdruck zu.
Kompromisse bei den Arbeitszeiten von Seiten der Arbeitnehmer hätten bisher zumeist zur Beschäftigungssicherung beigetragen. Und dieser Aspekt werde angesichts der Aussicht auf technologisch bedingte Rationalisierungstendenzen in Zukunft sicher nicht unwichtiger. Doch es fehlten notwendige Instrumente zur Stärkung der Beschäftigtenrechte wie befristete Teilzeit, zusätzliche Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitszeitgestaltung sowie bei der Leistungspolitik. Ohne diese Rechte seien  einseitig negativ Folgen für die Beschäftigten zu befürchten.

Kompletter Beitrag kostenfrei

Den Beitrag »Nicht die Büchse der Pandora öffnen« aus der »Guten Arbeit« (GA) 3/2017 lesen Sie hier kostenfrei in voller Länge.

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