Betriebsrat

Das »Schwarze Brett« ist out

26. Juli 2016
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Quelle: © funkyfrogstock / Foto Dollar Club

Der Betriebsrat kann für jedes seiner Mitglieder einen Internetzugang zum Arbeitsplatz und die Teilhabe am externen E-Mail-Verkehr verlangen. Vorausgesetzt, die Zugänge sind zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich. Dann darf der Arbeitgeber das Gremium nicht auf einen internen Blog oder gar das schwarze Brett verweisen, um Mitteilungen verbreiten zu können – so das LAG Schleswig-Holstein.


Der Betriebsrat eines Telekommunikationsunternehmens mit drei Standorten hatte vor, ein eigenes E-Mail-Postfach einzurichten, um von dort einmal monatlich einen Newsletter zu versenden. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die Entscheidung des Betriebsrats gebilligt. Nach ständiger BAG-Rechtsprechung entscheide der Betriebsrat, ob von ihm verlangte Sachmittel für Betriebsratsaufgaben erforderlich und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen sind. Dabei muss er objektiv entscheiden und sowohl die betrieblichen Verhältnisse, seine daraus resultierenden Aufgaben und auch die Begrenzung der Kosten für den Arbeitgeber beachten. »Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen«, heißt es im Beschluss.

Wichtig: Auch nach der am 28.07.2001 in Kraft getretenen Neufassung des § 40 Abs. 2 BetrVG, mit der der Gesetzgeber klargestellt hat, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat Informations- und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen hat (BT-Drucks. 14/5741 S. 41), kann bei der Nutzung dieser Technik von der Prüfung der Erforderlichkeit nicht abgesehen werden.

Kommunikation muss sein

Im vorliegenden Fall war das vom Betriebsrat verlangte Funktionspostfach gerechtfertigt. Damit kann er direkt über die Mail-Verteiler für Standorte des Arbeitgebers Mitteilungen verschicken. Das begehrte Funktionspostfach dient den betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrats und erweist sich als Kommunikationstechnik i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG. Das Funktionspostfach ist unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten, der Interessen der Belegschaft, aber auch für die ordnungsgemäße Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft erforderlich, so das LAG. Mails über ein allgemeines Postfach mit Zwischenschaltung der Personalabteilung zu versenden, kam hier laut Gericht für den Betriebsrat nicht in Frage - obwohl weder Personalabteilung beziehungsweise Arbeitgeber Zensur verübt hatten. Es komme hier allein auf die Möglichkeit eines Eingriffs durch den Arbeitgeber in die ungehinderte Kommunikation zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern an. Auch die Möglichkeit, Informationen an schwarzen Brettern auszuhängen, ändert laut LAG nichts an der Berechtigung für ein entsprechendes Postfach - der Papieraushang sei nicht mehr zeitgemäß, vor allem nicht bei einem Telekommunikationsunternehmen.

Schwarzes Brett nicht mehr zeitgemäß

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin schließt auch die Möglichkeit des Betriebsrats, auf seinem Blog im Intranet Informationen und Newsblätter für die Arbeitnehmer einzustellen, nicht die Erforderlichkeit eines Funktionspostfaches für den Betriebsrat aus. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die Arbeitnehmer durch Anklicken des Blogs die dort vom Betriebsrat eingestellten Mitteilungen ebenfalls zur Kenntnis nehmen können. Hierbei ist aber zu bedenken, dass die Mehrzahl der Mitarbeiter überhaupt nicht weiß, wann der Betriebsrat aktuell neue Mitteilungen in den Blog eingestellt hat. Es hängt mithin vom Zufall ab, ob die im Blog eingestellten Mitteilungen die Arbeitnehmer zeitnah erreichen. Den RSS-Feed haben unstreitig weniger als ein Drittel der Belegschaft abonniert. Die Arbeitnehmer müssen mithin eigeninitiativ regelmäßig den Blog aufrufen, um nach neuen Mitteilungen des Betriebsrats Ausschau zu halten. Eine verlässliche Kommunikation ist dies nicht. Zudem seien es die Mitarbeiter gewöhnt, die Mitteilungen des Betriebsrats per Email (über den Umweg Personalabteilung) zugesandt zu bekommen. Sie haben sich mithin darauf eingestellt, dass sie die Newsletter und wichtigen Mitteilungen des Betriebsrats, z. B. betreffend eine anstehende Wahl, wie auch alle Anweisungen, Hinweise und Mitteilungen der Geschäftsleitung und Vorgesetzten per Email erhalten.

Lesetipp der Online-Redaktion:

EU-Datenschutz: Das gilt für Datentransfer in die USA, Interview mit dem Datenschutzexperten Dr. Thilo Weichert.

© bund-verlag.de (mst)

 

Quelle

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (01.10.2015)
Aktenzeichen 5 TaBV 23/15
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