Betriebsratsarbeit

So gelingt jede Betriebsversammlung

26. August 2016
Dollarphotoclub_49031110_Betriebsrat
Quelle: Wolfilser_Dollarphotoclub

Für die einen ist sie eine lästige Pflicht, für andere das Beste schlechthin: Die Betriebsversammlung. Sie ist ein ideales Instrument für den Betriebsrat, gute Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Oft sind es Kleinigkeiten, die den Erfolg ausmachen. Allen voran die Themenwahl. Wie die Betriebsversammlung gelingt, erläutert Dr. Martin Wolmerath in der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 9/2016.

Ausgangspunkt: Die letzte Betriebsversammlung

Damit die nächste Betriebsratssitzung optimiert werden kann, ist jedem Betriebsratsmitglied zu empfehlen, die letzte Versammlung mit der erforderlichen Ruhe und Zeit gedanklich Revue passieren zu lassen. Hierzu bietet sich die Beantwortung von sogenannten W-Fragen an. Diese können beispielsweise wie folgt lauten: Was war gut? Was war weniger gut (oder vielleicht sogar äußerst schlecht)? Was hat sich bewährt? Was sollte das nächste Mal anders gemacht werden? Wie ist die Betriebsversammlung bei den Beschäftigten angekommen? Wo gab es Lob? Wo gab es Kritik? Wie wurden die einzelnen Redebeiträge aufgenommen? Wie haben die Zuhörer auf die jeweiligen Reden reagiert? Wie viele Arbeitnehmer waren anwesend? Wie hat sich die Arbeitgeberseite verhalten? Wie hat die Arbeitgeberseite auf Fragen reagiert? Die Beantwortung der Fragen führt zu einer aktuellen Bestandaufnahme rund um das Thema Betriebsversammlung.

Offen sein für Veränderungen

Die Diskussion im Betriebsrat dürfte nur höchst selten in der Feststellung münden, dass es keinen Veränderungsbedarf gibt. Vielmehr stellt sich die Frage, ob das Gremium – gleiches gilt natürlich auch für seine Mitglieder – zu Veränderungen auch bereit ist. Es beim Bisherigen zu belassen ist we-sentlich einfacher, als sich neuen Herausforderungen zu stellen. Etwas Neues anzustoßen benötigt Zeit, Energie und Arbeit, wobei der Erfolg nicht immer gewiss ist. Gleichwohl gilt trotz aller möglichen Bedenken: Nur wer bereit ist, sich von seinen alten und kaputten Latschen zu trennen, der wird den bisweilen recht steinigen Weg der betrieblichen Interessenvertretung erfolgreich meistern und Kraft für weitere Amtszeiten haben.

Das zentrale Grundproblem der Betriebsversammlung

Das zentrale Grundproblem vieler Betriebsversammlungen ist die Teilnehmerzahl. Nur ein Teil der angesprochenen Adressaten macht von ihnen Gebrauch, wobei die Quote nicht selten bei 50 Prozent und weniger liegt. Dieses Dilemma gilt es aufzubrechen. Dazu ist es erforderlich, sich mit den Ursachen der geringen Teilnehmerzahl zu beschäftigen. Einige Gründe wird die bereits angesprochene Bestandsaufnahme zu Tage gefördert haben. Weitere werden sich im Verlaufe von Gesprächen mit einzelnen Beschäftigten – sowohl Teilnehmer als auch Nicht-Teilnehmer – ergeben, die genau zu diesem Zweck erfolgen sollten. Denkbare Antworten und Gründe dürften unter anderem sein:

  • In meiner Arbeitszeit habe ich etwas Besseres zu tun
  • Arbeitsmäßig haben wir so viel zu tun, dass ich für eine Teilnahme einfach keine Zeit habe
  • Mein Vorgesetzter wünscht, dass ich den Betriebsversammlungen fern bleibe
  • Schon seit vielen Jahren gibt es auf der Betriebsversammlung immer das gleiche zu hören
  • Die Themen interessieren mich einfach nicht
  • Die Betriebsversammlungen sind äußerst langweilig und dauern viel zu lang
  • Auf die Selbstdarstellung des Betriebs-rats(vorsitzenden) kann ich gut verzichten
  • Der Geschäftsführer merkt sich die Leute, die auf der Betriebsversammlung etwas sa-gen
  • Ich wusste gar nicht, dass es jüngst eine Betriebsversammlung gegeben hat.

Frischer Wind tut gut

Die von den Betriebsratsmitgliedern in Erfahrung gebrachten Motive und Gründe können Anlass sein, frischen Wind in die Betriebsversammlung zu bringen. Hierzu ist es sinnvoll, bei der Bewältigung von Defiziten zwischen solchen Maßnahmen zu unterscheiden, auf die der Betriebsrat einen we-sentlichen Einfluss hat und solchen, auf die er nicht oder nur schwer einwirken kann. Weitere Unterscheidungsmerkmale können sein:

  • Das lässt sich schnell realisieren oder dafür brauchen wir eine gewisse Zeit
  • Das können wir selbst oder dafür benötigen wir fremde Hilfe
  • So etwas kostet Geld oder das gibt es gratis.

Die vorgenannten Kriterien können dem Betriebsrat bei seinen Entscheidungen helfen, in welcher Reihenfolge welche Aspekte einer Änderung zugeführt werden sollen. Am leichtesten lässt sich das bewerkstelligen, auf das ich einen wesentlichen Einfluss habe und in kürzester Zeit kostenfrei ohne fremde Hilfe tun kann. Dies gilt vor allem für die Einladung zur Betriebsversammlung.

Einladung zur Betriebsversammlung

Die Einladung zur Betriebsversammlung kann ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie als solche wahrgenommen wird und nicht in Vergessenheit geraten kann. Hierfür genügt der einmalige Hinweis etwa mittels Handzettel, Aushang am schwarzen Brett, Hinweis im Betriebsrats-Infoblatt oder E-Mail nicht. Gleiches gilt für eine mündlich ausgesprochene Einladung. Vielmehr bedarf es ihrer Ergänzung durch Plakate, Aufsteller, Ausrufe, SMS … Insoweit ist Phantasie gefragt, da sich nicht jedes Werkzeug in jedem Betrieb in der gleichen Weise eignet. So kann beispielsweise eine Einladung, die mittels eines Aushangs am schwarzen Brett erfolgt ist, durch entsprechend große, farbig gestaltete und an zentralen Stellen auffallend angebrachte Plakate in Erinnerung gerufen werden. Gleiches gilt für eine E-Mail oder SMS, die rechtzeitig am Tag der Veranstaltung versendet wird sowie für Aufsteller, die mit einem Plakat versehen, an dafür geeigneten Plätzen positioniert werden. Wer auf diese Weise zu einer Betriebsversammlung eingeladen wird, der kann später kaum sagen, er hätte von der Veranstaltung nichts gewusst.

Themen der Betriebsversammlung

Ursache für die Unzufriedenheit der Beschäftigten sind oftmals die auf der Betriebsversammlung behandelten Themen. Wer sich den § 43 BetrVG anschaut, der kann schnell der Ansicht verfallen, dass sie lediglich die Erstattung des Tätigkeitsberichts des Betriebsrats und den Bericht des Arbeitgebers umfasst – eventuell ergänzt um einen Redebeitrag des zuständigen Gewerk-schaftssekretärs. Die wirkliche Bandbreite möglicher Themen wird daher schnell übersehen. § 45 BetrVG spricht diesbezüglich umfassend formuliert von Angelegenheiten, die den Betrieb oder seine Arbeitnehmer unmittelbar betreffen. Und genau das sollte auf einer Betriebsversammlung erfolgen: Die Behandlung von Themen, die die Belegschaft wirklich interessieren. Stress, Umgang mit Konflikten, Arbeitsverdichtung, Arbeitszeit, betriebliche Altersvorsorge sowie Vorgesetzte mit Führungsdefiziten sind nur einige Aspekte, welche die Berichte des Betriebsrats sowie des Arbeitgebers schnell in den Hintergrund geraten lassen. Daher sollte die Devise lauten: Das eine tun und das andere nicht lassen.

Sich auf das Wesentliche beschränken

Verwirklichen lässt sich dieser Ansatz mit einer etwas anderen Gewichtung der zur Verfügung stehenden Zeit. Gibt es keinen wirklichen Anlass für umfangreiche Berichterstattungen, dann sollten diese auf das Wesentliche beschränkt werden. Auf diese Weise kommt der Betriebsrat schnell zum eigentlichen, wesentlichen Thema der Zusammenkunft. Zudem wird damit einer vorzeitigen Ermüdung der Zuhörer vorgebeugt.

Wie lange die Betriebsversammlung dauern darf, wie sie im günstigsten Fall ablaufen muss und wie der Einsatz technischer Hilfsmittel gelingt, erfahren Sie in dem Beitrag »Betriebsversammlung leicht gemacht« von Martin Wolmerath, in der AiB 9/2106 auf Seite 38-43.

Noch kein Abonnent der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!

© bund-verlag.de (EMS)

Das könnte Sie auch interessieren