Arbeitsunfähigkeit

Gesundheitsprämien sind gefährlich

20. Februar 2017
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Quelle: nmann77_Dollarphotoclub

Kann Geld Anreize für die Gesundheit setzen? Der Autobauer Daimler sieht sich als »Vorzeigearbeitgeber« und hat eine Anwesenheitsprämie eingeführt. Wer nicht fehlt, erhält einen Bonus. Medizinsoziologe Prof. Dr. Nico Dragano erklärt im Interview mit der »Guten Arbeit« (GA) , warum er solche Anreize für brisant hält.

Eine Untote ist zurück: Die so genannte Gesundheitsprämie ist nichts Neues. Kann man mit Geld »Anreize« für die Gesundheit setzen?

:

Solche Prämien zielen meines Erachtens gar nicht auf die Gesundheit, sondern sollen eher »unechte« Fehlzeiten vermeiden: das heißt Tage, an denen man nicht zur Arbeit geht, allerdings auch nicht richtig krank ist. Für die Gesundheit halte ich solche Anreize, im Gegenteil, für schädlich. Will man wirklich, dass sich Mitarbeiter mit einer ansteckenden Krankheit an den Arbeitsplatz schleppen, um die Prämie nicht zu verlieren? Oder dass Beschäftigte eine Krankheit nicht richtig auskurieren? In beiden Fällen gäbe es am Ende mehr Fehlzeiten statt weniger.

So eine Prämie könnte das Miteinander im Betrieb verändern: Einer schaut nach dem andern, Krankheit wird zum »unerwünschten Verhalten«. Ist das sinnvoll?

:

Die Möglichkeit der Krankschreibung ist eine Notwendigkeit. Sie in ein schlechtes Licht zu rücken ist sicher nicht sinnvoll. Vor allem aber sind solche Prämien ungerecht, denn viele Krankheiten sind durch guten Willen oder einen gesunden Lebensstil nur begrenzt beeinflussbar. Belohnt werden tendenziell junge, fitte Personen an weniger belastenden Arbeitsplätzen. Beschäftigte mit chronischen Krankheiten haben hingegen wenig Chancen zu profitieren. Ob das dem sozialen Frieden dient, sei dahingestellt.

Die Beschäftigten werden älter, sind öfter mal krank und hin und wieder auch länger arbeitsunfähig. Welche Prävention bietet sich da an?

:

Ein vernünftiges Gesundheitsmanagement ist kein Hexenwerk und es gibt mittlerweile ausgereifte Konzepte, die Verhaltens- und Verhältnisprävention kombinieren. Ein clever gemachtes Prämiensystem, das die genannten Probleme vermeidet, könnte zwar ein Element sein, aber sicher nur ein untergeordnetes.

   

ist Medizinsoziologe an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

 

 

   

»Gute Arbeit« (GA) 2/2017, Magazin, S. 6. © bund-verlag.de (ls)
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