Mitbestimmung

Experte Peter Wedde zum Facebook-Urteil des BAG

21. Dezember 2016
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Quelle: pixabay

Betriebsräte haben bei der Facebook-Seite des Arbeitgebers ein Wörtchen mitzureden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Nutzer dieser Seite auch Kommentare über Mitarbeiter des Unternehmens hinterlassen können. Dann müssen Betriebsräte dieser Posting-Funktion zustimmen. So jetzt ein wichtiges Urteil des BAG. Unser Datenschutz-Experte Prof. Dr. Peter Wedde sieht das Urteil als einen Schritt in die richtige Richtung. Wir haben ihn näher befragt.

Mit der Entscheidung hat das BAG die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen gestärkt.

1. Worum ging es in dem Fall?

Peter Wedde:

Der Arbeitgeber, ein Blutspendendienst, hat eine Facebook-Seite eingerichtet, auf der Blutspender Kommentare (sog. Posts) hinterlassen können. Die Kommentarfunktion wurde in zwei Fällen von Blutspendern für kritische Aussagen über einzelne Mitarbeiter genutzt. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich der Einrichtung hat der Arbeitgeber nicht gesehen und entsprechende Verhandlungen zunächst verweigert. Dies führte zu dem Rechtsstreit, den das BAG entschieden hat.

2. Bei was genau hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber eine Facebook-Seite betreibt?

Peter Wedde:

Nach der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung des BAG besteht das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, wenn Arbeitgeber auf Internet-Dienste wie Facebook zurückgreifen und dabei Nutzern die Möglichkeit einräumen, personenbezogene Kommentare unmittelbar zu veröffentlichen. Mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des BAG wird das Mitbestimmungsrecht bereits dann ausgelöst, wenn hierbei Informationen anfallen, die sich unmittelbar auf Verhalten oder Leistung einzelner Arbeitnehmer des Arbeitgebers beziehen lassen. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber diese Informationen auswertet oder auswerten will. Will er vorhandene und einsetzbare Kommentarfunktionen nicht nutzen, kann der Betriebsrat verlangen, dass diese Ausnahme in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben wird.

3. Was können/sollten Betriebsräte tun, wenn der Arbeitgeber bereits eine Facebook-Seite »mit Pinnwand« betreibt oder dieses plant?

Peter Wedde:

Über zukünftig geplante Nutzungen von Internet-Diensten wie etwa Facebook müssen Arbeitgeber ihre Betriebsräte nach den allgemeinen Regeln des BetrVG jeweils rechtzeitig vor der Freischaltung informieren. Der Informationsanspruch besteht auch dann, wenn Arbeitgeber auf vorhandene Kommentarfunktionen verzichten wollen. Gibt es entsprechende Internet-Angebote mit Kommentarfunktionen bereits, können Betriebsräte den Abschluss von Betriebsvereinbarungen auch bezogen auf laufende Anwendungen einfordern und ggf. auch über eine Einigungsstelle durchsetzen. Arbeitgeber müssen deshalb, den Umgang mit Internet-Angeboten für die Fälle zu überdenken, in denen Nutzer dort personenbezogene Aussagen posten können. Der Interviewpartner:

Dr. Peter Wedde,

Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences und wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung in Eppstein.  

Lesetipp der Online-Redaktion:

Mehr zur Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG lesen Sie in unserem Kommentar zum BetrVG: Wolfgang Däubler, Michael Kittner, Thomas Klebe, Peter Wedde BetrVG Betriebsverfassungsgesetz Kommentar für die Praxis Mit Wahlordnung und EBR-Gesetz2016, 2952 Seiten, gebunden, 15. Aufl., Bund-Verlag ISBN: 978-3-7663-6495-1 Preis: € 99,00 Mehr Informationen zum Titel gibt es hier. Jetzt bestellen!  

 

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