Arbeitslosengeld

Keine Sperrzeit nach Berufspraktikum

25. Januar 2017
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Quelle: © bluedesign / Foto Dollar Club

Eine Sozialpädagogin musste sich nicht drei Monate vor dem Ende ihres Anerkennungsjahres arbeitsuchend melden. Dies hat das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt entschieden. Die Agentur für Arbeit kann deshalb keine einwöchige Sperrzeit verhängen. Das Anerkennungsjahr von Sozialpädadogen stehe auch wegen der hohen Übernahmequote der betrieblichen Ausbildung gleich. Da über die Übernahme erst nach erfolgreicher Abschlussprüfung entschieden wird, könne die Arbeitsagentur die Jobvermittlung nicht beschleunigen, so das Gericht.

Sozialpädagogin klagte gegen Sperrzeit

Eine Frau aus Frankfurt am Main studierte an der Fachhochschule Sozialpädagogik und absolvierte anschließend ein einjähriges Anerkennungsjahr. Danach meldete sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Arbeitsagentur gewährte dies, allerdings mit einer Sperrfrist von sieben Tagen, weil die Frau sich nicht vor Beendigung des Anerkennungsjahres arbeitsuchend gemeldet habe. Bei der Ausbildung zur Sozialpädagogin - so die Agentur für Arbeit - handele es sich nicht um ein betriebliches Ausbildungsverhältnis. Das Anerkennungsjahr werde auch nicht zum Zweck der Übernahme in ein anschließendes Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Dem widersprach die Sozialpädagogin. Das Anerkennungsjahr müsse wie ein betriebliches Ausbildungsverhältnis behandelt werden, für welches keine entsprechende Meldepflicht gelte.

Grundsatz Meldepflicht

Arbeitnehmer und Auszubildende sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden. Bei Verstoß gegen diese Meldepflicht ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit von einer Woche. Diese Meldepflicht besteht nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.

Anerkennungsjahr gleicht dualer Ausbildung

Die Darmstädter Richter gaben der Sozialpädagogin Recht. Erfolge die Meldung der Arbeitsuche erst nach Beendigung des Anerkennungsjahres, so dürfe keine Sperrzeit verhängt werden. Das Anerkennungsjahr stehe insoweit einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gleich. Dies folge aus Sinn und Zweck der entsprechenden Sperrzeitregelung. Die Pflicht zur frühzeitigen Meldung der Arbeitsuche diene grundsätzlich dazu, die Eingliederung in Arbeit zu beschleunigen, die Vermittlung effektiver zu machen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen möglichst zu vermeiden. Bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis habe der Gesetzgeber eine frühe Meldepflicht nicht für erforderlich gehalten, weil die Auszubildenden überwiegend vom Ausbildungsbetrieb weiterbeschäftigt würden. Zudem entscheide sich dies meist erst unmittelbar nach dem Bestehen der Abschlussprüfung.

Hohe Übernahmequote

Die Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr würden - so die Richter - eine der dualen Ausbildung vergleichbare Ausbildung in Betrieb und Berufsschule durchlaufen. Auch würden sie mit einer Übernahmequote von 70 Prozent später von der Ausbildungsstelle übernommen werden. Daher seien eine frühzeitige Vermittlungstätigkeit und somit auch eine Meldepflicht entbehrlich. Hinzu komme, dass das Berufspraktikum erst mit dem bestandenen Kolloquium erfolgreich abgeschlossen sei. Damit könne vorher die Arbeitsverwaltung kaum etwas für eine beschleunigte Eingliederung unternehmen.  

Hinweise zur Rechtslage

Meldepflicht und Sperrzeit

§ 38 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - (früher: § 37b SGB III) lautet auszugsweise:

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. ( …) Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.

§ 159 SGB III  (früher: § 144 SGB III) lautet auszugsweise:

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn Versicherungspflichtig sind (...) 7. die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). (...) (6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.
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