Arbeitszeit

Einschränkung der Samstagsarbeit in Thüringen ist verfassungsgemäß

27. März 2015

Die Thüringer Regelung, nach der Beschäftigte im Einzelhandel an mindestens freie zwei Samstage pro Monat nicht beschäftigt werden dürfen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Für Ladenöffnungszeiten sind seit 2006 die Länder zuständig

Im Jahr 2006 wurde durch die Förderalismusreform die Kompetenz für das „Recht des Ladenschlusses auf die Länder übertragen. Zuvor waren die Öffnungszeiten des Einzelhandels verbindlich im Ladenschlussgesetz (LadSchlG) des Bundes geregelt.

Im Land Thüringen hat der Landtag im Jahr 2006 ein eigenes Ladenöffnungsgesetz (ThürLadÖffG) beschlossen. 2011 wurde unter der CDU/SPD-Koalition in Thüringen der § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG eingefügt. Die Vorschrift lautet auszugsweise:

»(3) Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden. Das für das Ladenöffnungsrecht zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Landtags für bestimmte Personengruppen sowie in Einzelfällen Ausnahmen von Satz 1 durch Rechtsverordnung regeln. […]«

Verfassungsbeschwerde eines Möbelhändlers

Eine Unternehmerin in der Möbelbranche hatte Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie trug vor, die Vorschrift verletze ihr Recht auf Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG), indem sie ihre Möglichkeit einschränke, die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verkaufsstellen für den Samstag einzusetzen.

BVerfG billigt das Gesetz als verfassungsgemäß

Der erste Senat des BVerfG entschied, dass das Thüringer Ladenöffnungsgesetz verfassungsgemäß ist.

Die Gesetzgebungskompetenz des Landes ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Zwar gehörte das LadSchlG historisch sowohl zu den Gesetzen des Handelsrechts Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) als auch zum Arbeits- und Arbeitsschutzrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG).
Die hier angegriffene Vorschrift betrifft aber nur Arbeitszeit und Arbeitsschutz.

Die Gesetzgebungszuständigkeiten in Art. 74 GG gehören zur konkurrierenden Gesesetzgebung des Bundes (Art. 72 GG). Das bedeutet, soweit der Bund Gesetz zu diesem Gegenstand erlässt, hat dieses Vorrang vor dem Landesrecht.

Die Länder können, z. B. im Arbeitsschutz, eigene Gesetze erlassen, soweit der Bund keine abschließende Regelung getroffen hat. Dadurch würde eine Sperrwirkung für das Landesgesetz entstehen. Zwar regelt § 17 Abs. 4 LadSchlG des Bundes, dass Verkäuferinnen und Verkäufer einen freien Samstag im Monat verlangen können.

Keine Sperrwirkung durch das LadSchlG des Bundes

Dadurch, so das BVerfG, entsteht aber keine Sperrwirkung für die vorgeschriebenen zwei freien Samstage in § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG.

Es stehe objektiv nicht fest, dass dies als abschließende, zwingende Arbeitszeitregelung zu verstehen sei. Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass der Freistellungsanspruch auf genau einen Samstag begrenzt sein soll. Insofern lasse sich die Regelung im LadSchlG auch als bloße Minimalgarantie verstehen.

Auch werde die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit verletzt. Zwar liegt ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vor, da der Einsatz von Verkäufern an Samstagen beschränkt wird. Dieser sei aber nur geringfügig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn das Gesetz ziele auf den Arbeitsschutz und den Schutz der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie ab.

Gesetzgeber kann Arbeitnehmerschutz den Vorrang geben

Zwar werde der Einzelhandel dadurch zu personellen organisatorischen Vorkehrungen gezwungen. Damit entstünden für die Unternehmen voraussichtlich zusätzliche Kosten; auch können sich Umsatzeinbußen ergeben, wenn nicht alle erfahrenen Fachkräfte an allen besonders frequentierten Samstagen zur Verfügung stehen.

Der Gesetzgeber habe jedoch insoweit den Ermessensspielraum, die Belange des Schutzes der Arbeitnehmer als überwiegend erachten.

Quelle:
BVerfG, Beschluss vom 14.01.2015
Aktenzeichen 1 BvR 931/12
BVerfG, Pressemitteilung Nr. 13/2015 vom 11.03.2015

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