Wirtschaftsausschuss

DRK-Blutspendedienst ist kein Tendenzbetrieb

13. Februar 2013

Der DRK-Blutspendedienst ist kein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG, das unmittelbar und überwiegend karitativen Bestimmungen dient. Daran ändert auch die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit nichts. Der Arbeitgeber kann die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nicht verweigern.

Der Fall

Die Arbeitgeberin und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat (GBR) streiten über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses. Die Arbeitgeberin betreibt einen Blutspendedienst in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH). Die Arbeitgeberin ist steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt. In ihren Betrieben in M, H und B, in denen jeweils Betriebsräte gebildet sind, beschäftigt die Arbeitgeberin insgesamt mehr als 900 Arbeitnehmer.

Bei der Arbeitgeberin war ein Wirtschaftsausschuss gebildet. Nachdem die Arbeitgeberin diesem und dem GBR Auskünfte verweigert hatte, wurde eine Einigungsstelle errichtet. Die Arbeitgeberin rügte die fehlende Zuständigkeit der Einigungsstelle. Bei ihr als karitativem Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Abs 1 Nr. 1 BetrVG sei kein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Die Einigungsstelle beschloss daraufhin, das Verfahren bis zur arbeitsgerichtlichen Klärung dieser Rechtsfrage auszusetzen.Der GBR beantragte festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Vorschriften der §§ 106 bis 110 BetrVG auf ihr Unternehmen anzuwenden.

Die Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde des GBR ist begründet, entschied das BAG. Bei der Arbeitgeberin ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Schwellenwert des § 106 Abs. 1 BetrVG ist überschritten, da die Arbeitgeberin ständig weit über 100 Arbeitnehmer beschäftigt..

Kein Tendenzbetrieb

Die Arbeitgeberin ist kein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 BetrVG, das unmittelbar und überwiegend karitativen Bestimmungen dient. Die Bildung eines Wirtschaftsausschusses ist daher nicht nach nach § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen.

Nach dem Wortlaut des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG muss das Unternehmen unmittelbar karitativen Bestimmungen dienen. Entgegen der von der Arbeitgeberin vertretenen Auffassung ist das nur dann der Fall, wenn die Hilfe von dem Unternehmen gegenüber körperlich, geistig oder seelisch leidenden Menschen direkt erbracht, also der Tendenzzweck in dem Unternehmen oder Betrieb selbst verwirklicht wird. 

Blutspendedienst erbringt nicht unmittelbar Hilfen

Nach diesen Grundsätzen ist die Arbeitgeberin kein Tendenzunternehmen. Ihre Tätigkeit ist nicht unmittelbar auf die Heilung, Milderung oder die vorbeugende Abwehr der inneren oder äußeren Nöte Hilfsbedürftiger gerichtet. Dass Blutspenden für die Krankenversorgung notwendig sind, genügt nicht, denn dies gilt gleichermaßen für Arznei- und Hilfsmittel, technische Geräte, Krankenhäuser oder die ärztliche Tätigkeit selbst.

Maßgeblich ist, dass die Tätigkeit der Arbeitgeberin sich nach ihrem Gesellschaftsvertrag überwiegend auf die Entnahme, Sammlung und Aufbereitung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen, die Versorgung mit menschlichem Blut und Blutbestandteilen zum Zwecke der Heilung durch Bluttransfusionen konzentriert.

Steuerliche Gemeinnützigkeit ist kein Argument

Auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit eines Unternehmens führt nicht notwendig dazu, dass dieses auch unmittelbar karitativen Bestimmungen im Sinne von  § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG dient. Dies ergibt sich schon aus der Systematik der Abgabenordnung (AO).

§ 52 AO bezieht sich auf die Gemeinnützigkeit und unterscheidet sich von der Mildtätigkeit (§ 53 AO), die zwar strukturell dem Begriff des »karitativen« nahekommt, ihn aber nicht für andere Regelungszusammenhänge (wie die Betriebsverfassung) vorgibt.

Quelle:

BAG, Beschluss vom 22.5.2012

Aktenzeichen 1 ABR 7/11

BAG online

© www.bund-verlag.de (ck)

Lesetipp der AiB-Redaktion:

»Der Tendenzschutz nach § 18 BetrVG« von Karl Michael Scheriau in »Arbeitsrecht im Betrieb« 10/2012, S. 579-584 , Fortsetzungen in AiB 11/2012, S. 652-657 und AiB 1/2013, S. 35-39 .

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