Urlaub darf nicht nachträglich gekürzt werden
Die Klägerin war ab April 2007 gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.000,00 Euro im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu.
Die Klägerin befand sich nach der Geburt ihres Sohnes im Dezember 2010 ab Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15. Mai 2012 in Elternzeit.
2012 verlangte sie von ihrem Arbeitgeber ohne Erfolg die Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Im September 2012 kürzte der Arbeitgeber ihren Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nach § 17 Abs. 1 BEEG um ein Zwölftel pro Kalendermonat. Die Arbeitnehmerin erhob Klage auf den Rest ihrer Urlaubsabgeltung.
Kürzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm entschied, dass die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin unwirksam ist und sprach ihr eine Urlaubsabgeltung in Höhe von. 3.822,00 Euro brutto zu. Das BAG bestätigt diese Entscheidung.
§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG bestimmt, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann.
Diese Kürzungsbefugnis setzt aber voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat.
Der zuständige 9. Senat des BAG teilt mit, die bisherige Rechtsprechung sei aufgegeben, wonach der Arbeitgeber auch nachträglich zur Kürzung des Urlaubs bzw. der Urlaubsabgeltung berechtigt ist.
Denn diese Rechtsprechung beruhe auf der nicht mehr vertretenen Surrogatstheorie, die den Anspruch auf Urlaubsabgeltung wie andere Geldansprüche behandelt.
Daher konnte der Arbeitgeber nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.05.2012 den Anspruch der Arbeitnehmerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit mit seiner Kürzungserklärung im September 2012 nicht mehr verringern.
Quelle:
BAG, Urteil vom 19.05.2015
Aktenzeichen 9 AZR 725/13
BAG, Pressemitteilung Nr. 31/15 vom 19.05.2015
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