Insolvenzanfechtung

Lohnzahlung über Drittkonto kann zulässig sein

29. Oktober 2015

Zahlt ein Arbeitgeber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wie üblich – das Gehalt eines Mitarbeiters vom Konto seines Sohnes aus, kann der Insolvenzverwalter diese Zahlung nicht anfechten, wenn es sich bei dem Konto um das reguläre Geschäftskonto des Arbeitgebers handelt. Das hat das BAG entschieden.

Noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 18. Februar 2009 hatte der in Konkurs geratene Arbeitgeber für die Monate November 2008 bis Januar 2009 das Gehalt an seinen Buchhalter ausgezahlt. Wie üblich erfolgte diese Zahlung über ein Konto, das der Sohn des Arbeitgebers eröffnet hatte. Dieser nutzte das Konto selbst nicht.

Gehaltszahlung ist möglicherweise anfechtbar

Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung dieser Gehaltszahlungen nach § 131 Insolvenzordnung (InsO). Nach § 131 InsO ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag vornimmt, anfechtbar. Voraussetzung: die Forderung konnte der Insolvenzgläubiger in der Art nicht beanspruchen. Dann liegt eine inkongruente Deckung vor. Zahlungen, die Arbeitnehmer über das Konto eines Dritten und nicht über das Konto ihres Arbeitgebers erhalten, sind nach der Rechtsprechung im Allgemeinen inkongruent.

Ob Inkongruenz vorliegt, bestimmt sich laut BAG allerdings nicht zwingend nach dem im Arbeitsleben üblichen Zahlungsweg. Auch wenn es üblich ist, dass der Arbeitgeber Zahlungen von einem auf seinen Namen eingetragenen Konto vornimmt, sind andere Vorgehensweisen denkbar. Deshalb sei auf das konkrete Arbeitsverhältnis abzustellen.

Zahlung ausnahmsweise zulässig

Das BAG hat daher im konkreten Fall entschieden, dass eine Entgeltzahlung, die über das Konto des Sohnes des späteren Schuldners erfolgt, ausnahmsweise kongruent und nicht nach § 131 InsO anfechtbar sei, wenn es sich bei diesem Konto um das Geschäftskonto des Arbeitgebers handelt. Außerdem müsse das Entgelt während des gesamten Arbeitsverhältnisses über dieses Konto gezahlt worden ist – das war hier der Fall: Die Entgeltzahlungen waren durch den Schuldner selbst als Arbeitgeber in der für das Arbeitsverhältnis üblichen Weise erfolgt. Der Sohn war an diesen Zahlungen über die Einrichtung des Kontos hinaus nicht beteiligt.

Lesetipps der AiB-Redaktion:

»Arbeitsentgelt in der Insolvenz« von Schulze/Weitz in AiB 2009, S. 255
»Rückforderung von Arbeitsentgelt durch Insolvenzverwalter« von Schulze/Weitz in AiB 2009, S. 552

Buchtipp:

»Das Insolvenzhandbuch für die Praxis« von Wilhelm Bichlmeier & Andrej Wroblewski , Bund-Verlag 2015, ca. 650 Seiten, gebunden, 4. Auflage (ab 11/2015), ISBN: 978-3-7663-6441-8

Quelle:

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2015
Aktenzeichen: 6 AZR 538/14
Pressemitteilung Nr. 48/15 vom 22.10.2015

© bund-verlag.de (mst)

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