Unter Mindestlohn geht nichts
Eine langjährige Mitarbeiterin bekam von ihrem Arbeitgeber zum 1. Januar 2015 – pünktlich zur Einführung des Mindestlohns – ein Änderungsangebot. Dieser enthielt zwar auf den ersten Blick die verpflichtende Erhöhung des Lohns auf 8,50 Euro pro Stunde. Allerdings war der Vertrag so ausgestaltet, dass die Mitarbeiterin unbezahlte Überstunden hätte leisten müssen. Als sich die Frau Bedenkzeit erbat und weitere Vertragsverhandlungen führen wollte, folgte die Kündigung.
Das LAG ist davon ausgegangen, dass die Kündigung rechtswidrig war. Bei ihr handelt es sich um eine die Mitarbeiterin benachteiligende Maßnahme im Sinne des § 612 a BGB (Maßregelungsverbot). Es sei daher auch unerheblich, ob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutz nach den Vorschriften des Kündigungsschutzes genieße und ein danach rechtlich anerkennenswerter Kündigungsgrund vorliege – das hatte der Arbeitgeber bestritten.
Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, wenn der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Dieses Benachteiligungsverbot gelte auch bei Kündigungen. Auch die auf die Ablehnung eines Änderungsangebots gestützte Kündigung könne somit eine Maßregelung darstellen (BAG vom 22.05.2003, Aktenzeichen 2 AZR 426/02), allerdings nur in bestimmten Fällen.
Entscheidend ist laut LAG die Ausgestaltung des Änderungsangebots. Dieses müsse sich selbst als unerlaubte Maßregelung für eine zulässige Rechtsausübung durch den Arbeitnehmer darstellen. da die Mitarbeiterin nicht verpflichtet war, einen Arbeitsvertag einzugehen, der einen Lohn unterhalb des Mindestlohns festlegt, hat sie zulässig von ihren Rechten Gebrauch gemacht - die darauf gestützte Kündigung war somit eine unerlaubte Maßregelung. Die Kündigung war aus diesem Grund unwirksam.
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Thomas Lakies
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Quelle:
LAG Sachsen, Urteil vom 24.6.2015
Aktenzeichen: 2 Sa 156/15
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