Doppelte Abfindung für Arbeitnehmer
Im konkreten Fall wurde einem Beschäftigten wegen dringender betrieblicher Gründe gekündigt. Eine Kündigungsschutzklage erhob er nicht. In dem von der Arbeitgeberin ausgehändigten Kündigungsschreiben hieß es:
»Der Betriebsrat ist in dieser Angelegenheit angehört worden, er hat der Kündigung zugestimmt und mit der Geschäftsführung ein Interessenausgleich zum Ausgleich der Nachteile aus der betriebsbedingten Kündigung abgeschlossen.«
Zudem gab es die mit der Überschrift »Hinweise« betitelte Anmerkung:
»Lassen Sie diese Frist verstreichen, ohne eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht zu erheben, haben Sie nach § 1a KSchG Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes für jedes volle Beschäftigungsjahr«.
Damit wiederholt die Arbeitgeberin sinngemäß die Regelungen in § 1a KSchG.
Nachdem die Arbeitgeberin die Abfindung nach dem Sozialplan ausbezahlt hatte, verlangte der Arbeitnehmer zusätzlich die Abfindung nach § 1a KSchG in Höhe von 86.300 €.
Gericht bestätigt: Arbeitgeberin muss doppelt zahlen
Das LAG Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitnehmer Recht. Die Arbeitgeberin muss damit eine weitere Abfindung nach dem KSchG zahlen. Aus dem Kündigungsschreiben ergebe sich nicht eindeutig der Wille der Arbeitgeberin, dem Arbeitnehmer ein von den gesetzlichen Vorgaben abweichendes Angebot unterbreiten zu wollen. Schließlich gebe es den vorbehaltlosen Hinweis auf die gesetzliche Abfindungsregelung.
Der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG ist auch nicht durch die bereits erfolgte Zahlung der Sozialplanabfindung erfüllt worden. Denn der Arbeitgeber wollte mit der Zahlung seine Abfindungspflicht aus dem Interessenausgleich erfüllen und nicht die mögliche Forderung aus § 1a KSchG.
Auch das Argument des Arbeitgebers, nur
eine
Abfindung versprochen zu haben, könnte allenfalls bedeuten, dass der Anspruch aus dem Interessenausgleich auf den Anspruch aus § 1a KSchG angerechnet wird. Denn der gesetzliche Anspruch nach dem KSchG ist nicht disponibel. Für eine solche Anrechnung fehlt es hier aber an einer Anrechnungsklausel im Interessenausgleich.
Die Kündigung ist auch nicht wegen fehlender Mibestimmung des Betriebsrats bezogen auf den Inhalt der Kündigungserklärung unwirksam. Denn ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich des hier in Rede stehenden Angebots nach § 1a KSchG besteht nicht.
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Quelle:
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.07.2015
Aktenzeichen: 8 Sa 531/15
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