Altersteilzeit - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Mitbestimmung in Fragen der Altersteilzeit

26. Juni 2014

Hinsichtlich der Einführung von Altersteilzeit hat der Betriebsrat kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Entschließt sich der Arbeitgeber allerdings und stellt zu diesem Zweck finanzielle Mittel bereit, unterliegt ihre Verteilung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Leitsätze des Gerichts:

  1. Eine Betriebsvereinbarung über die Begründung und Ausgestaltung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen unterliegt hinsichtlich der Verteilung der vom Arbeitgeber für Aufstockungsleistungen vorgesehenen finanziellen Leistungen dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
  2. Eine Nachwirkung nach § 77 Abs. 6 BetrVG tritt nicht ein, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Mittel mehr für Aufstockungsleistungen zur Verfügung stellt.

Folgen für die Praxis

Anmerkung von Matthias Bauer, ehemals DGB Rechtsschutz GmbH

Sonderfall: Gewerkschaft als Arbeitgeber

Es geht hier um den Sonderfall eines Streits zwischen dem Gesamtbetriebsrat (GBR) und einer großen Gewerkschaft als Arbeitgeber. Da es Gewerkschaften für den Abschluss von Tarifverträgen im eigenen Unternehmen an Tarifgegnern fehlt, werden üblicherweise die Gesamtbetriebsräte zu Verhandlungspartnern über die materiellen Arbeitsbedingungen.

Hier hatte dieser eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen, die eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte in personellen und sozialen Angelegenheiten vorsieht und dazu den Einigungszwang über die Einigungsstelle. Ausdrücklich ausgenommen sind davon »Entscheidungen über freiwillige soziale Leistungen«.

Gesamtbetriebsvereinbarung statt Tarifvertrag

Darüber hinaus ist bestimmt, dass über alle Fragen, die normalerweise durch Tarifverträge geregelt werden, eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen wird. Der Tarifvorbehalt des § 77 Abs.3 BetrVG, der den Betriebsräten Vereinbarungen verbietet, die den Tarifvertragsparteien vorbehalten sind, ist also aufgehoben.

Konflikt um Altersteilzeitregelung

Der Streit entzündete sich an dem Beschluss des Arbeitgebers, die 2006 eingeführte Altersteilzeitregelung mit dem GBR, die zudem Zusatzleistungen vorsah, zu kündigen und nicht mehr fortzusetzen. Der GBR vertrat die Auffassung, dass die Regelung von 2006 nachwirke, weil es um einen Gegenstand der erweiterten Mitbestimmung gehe. Jedenfalls müsse der Arbeitgeber sich mit dem GBR auf Verhandlungen über den Abschluss einer tarifersetzenden Regelung zur Altersteilzeit einlassen.

BAG verneint Nachwirkung der gekündigten GBV

Das BAG lässt die Nachwirkung am fehlenden Mitbestimmungsrecht scheitern. Die Ausgestaltung einer Altersteilzeitregelung unterfalle zwar der Mitbestimmung des GBR, nicht aber ob Altersteilzeit überhaupt eingeführt oder fortgeführt wird. Die erweiterte mitbestimmte Gesamtbetriebsvereinbarung stehe unter dem Vorbehalt der Mitbestimmungsfreiheit bei freiwilligen Leistungen, zu denen auch die Altersteilzeit gehöre und auf die die Beschäftigten ja auch keinen erzwingbaren Anspruch hätten.

Insofern wendet das BAG seine bisher bekannte Rechtsprechung an, die in den Leitsätzen zum Ausdruck kommt und die auch in diesem Sonderfall der erweiterten Mitbestimmung zu keinem anderen Ergebnis führt. Allerdings hätte die Nachwirkung der Altersteilzeit vereinbart werden können, was aber nicht geschehen war.

Für diesen und ähnliche Fälle aber nicht minder wichtig war die Frage, ob der Arbeitgeber sich trotz fehlender Mitbestimmung bei einem Streit darüber, ob die Altersteilzeit weitergeführt werden soll, dennoch in das vorgesehene Schlichtungsverfahren begeben muss. Die Gesamtbetriebsvereinbarung sieht vor, dass - mangels Tarifgegner - der GBR die Rolle des Verhandlungspartners übernimmt und tarifersetzende Vereinbarungen abschließen kann. Bei Nichteinigung wird die Vermittlungsstelle eingeschaltet.

Gesamtbetriebsvereinbarung muss ausgelegt werden

Die Formulierung war aber in sich widersprüchlich, so dass das BAG sie auslegen musste. Es kommt zum Ergebnis, dass die Zielsetzung nur die sein kann, die materiellen Arbeitsbedingungen der Gewerkschaftsbeschäftigten unternehmenseinheitlich so zu gestalten, dass über das Vermittlungs- und Schlichtungsverfahren Ergebnisse erreicht werden können, wie sie im einschlägigen Tarifbereich dieser Gewerkschaft auch für deren Mitglieder erreicht worden sind.

Das BAG verweist in dem Zusammenhang auf die ATZ-Regelung der Beschäftigten des Bundes, die unter den Geltungsbereich des TVöD fallen und den Anspruch auf ATZ geltend machen können.

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Den goldenen Handschlag gibt es nicht mehr - Betriebe werden Demografie-aktiv« von Dr. Klaus Heimann in »Arbeitsrecht im Betrieb« 11/2013, S. 622–625.

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