Arbeitszeit - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Wer die Pausen bezahlt

22. Mai 2015

Ordnet der Arbeitgeber rechtmäßig Pausen an, muss er die in dieser Zeit geleistete Arbeit nicht annehmen und auch nicht bezahlen. Allerdings muss er die Pausenregelung mit dem Betriebsrat abstimmen. Die Mitbestimmung umfasst auch unbezahlte Ruhepausen, die über die gesetzliche Mindestdauer hinausgehen.

Quelle:

BAG, Urteil vom 25.02.2015
Aktenzeichen 1 AZR 642/13

Folgen für die Praxis

Bericht und Anmerkungen von Jens Pfanne, DGB Rechtsschutz GmbH

Arbeitgeber ordnet einseitig unbezahlte Pausen an

Gegenstand des Rechtsstreits war eine gerichtliche Auseinandersetzung über den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Lohn aufgrund von Annahmeverzug für Zeiten, in denen die Arbeit durch Pausen unterbrochen wurde. Die Betriebsparteien haben in einer Betriebsvereinbarung geregelt, dass zusätzlich zu den gesetzlichen Ruhepausen (§ 4 ArbZG) weitere unbezahlte Ruhepausen von höchstens 30 Minuten pro Schicht angeordnet werden können. Die Pausenzeiten wurden erst in der Nacht vor dem Einsatztag von dem Disponenten in einer Tabelle festgelegt.

Wo beginnt die Mitbestimmung bei der Arbeitszeit?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben darüber gestritten, ob die einseitig angeordneten Arbeitsunterbrechungen aus der Betriebsvereinbarung als »Ruhepausen« im Sinne des § 4 ArbZG anzusehen sind und ob diese gesetzeskonform »im Voraus« angeordnet wurden. Das Bundesarbeitsgericht hatte aber insbesondere darüber zu entscheiden, ob die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG beachtet wurden und der Arbeitgeber die Ruhepausen in kollektiver Hinsicht wirksam angeordnet hat.

Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Lage und Dauer von Pausen. Hierdurch sollen die Interessen der Arbeitnehmer an einer sinnvollen Gestaltung ihrer Freizeit gewahrt werden. Das betrifft auch die Frage, ob die Arbeitszeit an einem Arbeitstag zusammenhängend oder in mehreren Schichten geleistet werden soll, die durch größere Zeiträume unterbrochen sind.

Vereinbarung oder Einigungsstelle

Will der Arbeitgeber wie hier eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme durchführen, ist eine Einigung mit dem Betriebsrat oder eine Entscheidung der Einigungsstelle erforderlich. Wird sie hingegen einseitig durchgeführt, sind entsprechende Handlungen, die den Arbeitnehmer belasten rechtswidrig und unwirksam.

Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Die Zustimmung des Betriebsrats ist also Wirksamkeitsvoraussetzung.

Auch der Spruch einer zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten gebildeten Einigungsstelle muss die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats angemessen berücksichtigen. Eine einseitige Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers ist daher zu begrenzen.

Ergibt sich durch den Spruch dennoch ein »mitbestimmungsfreier« Zustand im Betrieb, bleibt dem Betriebsrat die Anfechtung vor dem Arbeitsgericht innerhalb von zwei Wochen.

Voraussetzungen des Annahmeverzugs

Allerdings führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats nicht automatisch dazu, dass dem betroffenen Arbeitnehmer Ansprüche gegen den Arbeitgeber zustehen, die bisher noch nicht bestanden haben.

Im vorliegenden Fall hätten die besonderen Voraussetzungen des Annahmeverzugs erfüllt sein müssen, insbesondere ein tatsächliches Angebot der Arbeitsleistung während der angeordneten Pausen. Das bloße Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme hat das Bundesarbeitsgericht als nicht ausreichend angesehen.

Auch wenn der Kläger seine Zahlungsansprüche im konkreten Einzelfall nicht durchsetzen konnte, stellt das Urteil klar, dass die Festlegung von unbezahlten Ruhepausen dem betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrecht unterliegen und eines Einvernehmens zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bedürfen.

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Mitbestimmungsrecht bei Pausenzeiten« BAG v. 07.02.2012 – 1 ABR 77/10 mit Anmerkung von Birger Baumgarten in »Arbeitsrecht im Betrieb« 2/2013, S. 128–130.

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