Betriebsvereinbarung

Bonus für alle gleich hoch

12. Oktober 2016

Prämien und Boni gibt es nicht nur für Spitzenverdiener. Der Arbeitgeber kann in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zusagen, Arbeitsleistung und Betriebstreue aller Mitarbeiter mit einer Sonderzahlung zu honorieren. Dabei darf es keine Benachteiligung geben. Werden etwa die Fernfahrer eines Betriebs bei einer leistungsorientierten Sonderzahlung schlechter gestellt, weil sie wegen längerer Arbeitszeiten mehr verdienen als andere Beschäftigte, können sie wirksam dagegen vorgehen.

Das BAG hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitgeber den Beschäftigten über Jahre eine auf die Arbeitsleistung bezogene Sonderzahlung in unterschiedlicher Höhe ausgezahlt hat. Eine freiwillige Betriebsvereinbarung legte dafür einen Prozentsatz des Bruttoeinkommens aus dem Vorjahr fest. In den Vereinbarungen hatte der Arbeitgeber unterschiedliche Prozentsätze für die Gruppe der Fernfahrer und die anderen Arbeitnehmern festgelegt.

Für das Jahr 2012 legte die Betriebsvereinbarung fest, dass die Fernfahrer des Betriebs eine Sonderzahlung von 6,48 Prozent des Bruttolohns des Vorjahres erhalten sollten, alle anderen Beschäftigten 9,00 Prozent. Im Rechtsstreit begründete der Arbeitgeber dies damit, die Fernfahrer des Betriebs würden aufgrund ihrer längeren bezahlten Arbeitszeit ohnehin die höchsten Bruttoeinkommen im Betrieb erzielen, dies solle ausgeglichen werden.

Ein Fernfahrer erhielt dadurch rund 1400 Euro weniger, als er sie nach dem höheren Satz erhalten hätte. Dies wollte der Fahrer nicht akzeptieren und klagte erfolgreich die Differenz zur allgemeinen Sonderzahlung ein.

Gleichheitsgebot für Betriebsvereinbarungen

Der Fahrer berief sich auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der soll die Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherstellen und eine Benachteiligung vermeiden. Dieses Ziel verfolgt auch der speziellere betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz in § 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Der Grundsatz gilt auch für Betriebsvereinbarungen und verpflichtet die Betriebspartner darüber zu wachen, dass die Betriebsangehörigen »nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit« behandelt werden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied eindeutig zugunsten des Fernfahrers und verpflichtete den Arbeitgeber, ihm die Differenz nebst Zinsen zu erstatten. Besteht der Zweck einer freiwilligen Sonderzahlung darin, die Arbeitsleistung sowie die Betriebstreue honoriert werden, darf kein Unterschied zwischen den Fernfahrern und anderen Arbeitnehmern gemacht werden.

Praxistipp:Gleichbehandlung in Betriebsvereinbarungen

Ein Hauptziel der Betriebsratstätigkeit besteht darin, den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer im Betrieb sicherzustellen. Es ist unzulässig, Arbeitnehmer willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen heraus gegenüber ihren Mitarbeitern zu benachteiligen. Die zentrale Norm ist der betriebliche Gleichbehandlungsgrundsatz in § 75 BetrVG (Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen). Gerade beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen muss der Betriebsrat den Grundsatz im Auge behalten. Tabu sind nicht nur Ungleichbehandlungen - wie im entschiedenen Fall- wegen der Berufsgruppe, sondern auch Benachteiligungen wegen Teilzeittätigkeit, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Alter.

Diese Punkte sollten nicht innerhalb einer Betriebsvereinbarung dazu herangezogen werden, unterschiedlich hohe Leistungen zu regeln. Aber auch so »profane« Dinge wie die Pflicht zum Tragen einer Dienstmütze nur für männliche Piloten, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. BAG v. 30.09.2014- 1 AZR 1083/12). Im Zweifel kann sich der Betriebsrat juristischen Rat zur Seite holen. Klar ist, dass eine offensichtlich diskriminierende Betriebsvereinbarung nicht abgeschlossen werden sollte. Man sollte in so einem Fall auf den Arbeitgeber einwirken und den Gleichbehandlungsgrundsatz durchsetzen.

Grundsätzlich gilt, dass der Betriebsrat über Einblicke in Lohnlisten und Beteiligungsrechte in Personalplanung und Auswahlverfahren die Einhaltung der Gleichbehandlung überprüfen kann und dann im Rahmen der Mitbestimmungsrechte diese durchsetzen kann. Auch im Rahmen von Arbeitszeit, Urlaub, Vereinbarkeit mit Beruf und Familie, Einstellung, Umgruppierung, Fortbildungen usw. kann der Betriebsrat seine Rechte ausüben.

Lesetipp:

Der Betriebsrat und die Sonderzahlung: »Mitbestimmen beim Weihnachtsgeld« von Arno Schrader in AiB 11/2015, S. 27-29 .

BAG, 26.04.2016 - 1 AZR 435/14Bettina Krämer, DGB Rechtsschutz GmbH
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