Rufbereitschaft

Auch der Vertreter hat Anspruch auf Zeitausgleich

14. August 2013

Der Vertreter eines vorrangig zur Rufbereitschaft eingeteilten Beamten hat - ebenso wie dieser - Anspruch auf eine Zeitgutschrift. Auch wenn die entsprechende Dienstanweisung dies nicht vorsieht, besteht kein sachlicher Grund, dem Vertreter einen Zeitausgleich vorzuenthalten.

Der Fall:
Der Kläger ist Justizhauptwachtmeisters im Justizdienst des Beklagten. Er verrichtete seinen Dienst beim Landgericht. Zuvor war er dem Amtsgericht zur Dienstleistung zugewiesen.

Der Mann war für 5 Tage als Vertreter für den hauptamtlichen Bediensteten des Wachtmeisterdienstes eingesetzt. Er beantragte eine Zeitgutschrift für die geleistete Rufbereitschaft. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, die entsprechende Dienstanweisung sehe eine Zeitgutschrift nur für die originär eingeteilten Beamten vor. Der Kläger hält den Ausschluss für gleichheitswidrig, weil der Vertreter in seiner Freizeit in gleicher Art und Weise eingeschränkt sei, wie der eingeteilte Beamte selbst.

Die Entscheidung:
Das VG Gießen hat dem Mann die Zeitgutschrift zuerkannt.

Zwar ergibt sich der Anspruch nicht aus der Verordnung über die Arbeitszeit der hessischen Beamtinnen und Beamten (HAZVO). Denn anders als die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (AZV), enthält die HAZVO keine Definition der Rufbereitschaft.

Jedoch ist die Begriffsdefinition der Rufbereitschaft nach AZV auch im Geltungsbereich der HAZVO zugrunde zu legen. Hiernach ist Rufbereitschaft die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können (Nach § 2 Nr. 11 AZV). Davon ausgehend bestand für den Kläger im maßgeblichen Zeitraum die Pflicht zur Rufbereitschaft. Er musste sich außerhalb seines Dienstpostens bereithalten, um im Vertretungsfall für den (vorrangig) eingeteilten Wachtmeister bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können.

Für diese Dienstleistung sieht die HAZVO anders als die AZV (vgl. § 12) keinen Zeitausgleich vor. Ob dies mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und damit mit Art. 33 Abs. 5 GG zu vereinbaren ist, bedarf keiner abschließenden Klärung.

Denn unabhängig von dieser Frage kann den Anspruch auf die Dienstanweisung in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gestützt werden. Nach der Dienstanweisung sind Zeiten der Bereitschaft im Wege der „1/8-Regelung“ abzugelten. Aus Gründen der Gleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG ist dieser Anspruch auch dem Kläger als Vertreter zuzubilligen.

Es besteht auch kein sachlicher Grund, einen Anspruch des Vertreters auf Freizeitausgleich zu verneinen. Die Anordnung der Rufbereitschaft wirkt sich vorrangig als Aufenthaltsbeschränkung aus. Der rufbereite Beamte muss sich darauf einstellen, auf entsprechende Anforderung unverzüglich den Dienst aufzunehmen. Dies setzt den Aufenthalt in erreichbarer Nähe zur Dienststelle voraus. Für den zur Vertretung bestimmten Beamten gilt nichts anderes. Auch er ist in der Wahl seines Aufenthaltsortes sowie in seinen Freizeitaktivitäten beschränkt, weil er damit rechnen muss, jederzeit im Vertretungsfall zur Dienstleistung auf der Dienststelle herangezogen zu werden.

Quelle:
VG Gießen, Urteil vom 18.07.2013
Aktenzeichen: 5 K 2148/12.GI

Lesetipp der Online-Redaktion:
» BAG, Vergütung von Arbeit während der Rufbereitschaft « in »Der Personalrat« Ausgabe 1/2009, S. 3.

.© bund-verlag.de (ts)

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