Arbeitszeit

7 Top-Themen zur Arbeitszeit

08. Februar 2021
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Quelle: fotomek_Dollarphotoclub

Wie viel sollen wir arbeiten? Kaum ein Thema ist so in Bewegung wie das Arbeitszeitrecht. Der Bund Verlag hat daher einen neuen Basiskommentar zum Arbeitszeitgesetz (ArbZG) veröffentlicht. Der legt den Fokus auf die Mitbestimmung. Das sind aktuell die wichtigsten Fragen, die die Praxis bewegen.

1. Ist eigentlich der Begriff »Arbeitszeit« eindeutig?

Nein. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) lässt es offen: Wann Arbeitszeit beginnt und endet, was Arbeit ist und was Ruhepause, ist nicht eindeutig. Arbeitszeit soll die Zeit sein, in der Arbeitnehmende dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen müssen. Flugreisen, Bereitschaftszeiten, Umkleide- und Wegezeiten können Arbeitszeit sein, wenn sie betrieblich veranlasst sind (Details:Fischer/Mittländer/Steiner: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar,§ 2 Rn. 3 ff.)

2. Ist das Schreiben einer Mail am Abend Arbeitszeit?

Ja. Auch eine kurze Mail am Abend ist Arbeitszeit, wenn sie dienstlichen Zwecken dient. Geringfügige Arbeitseinsätze kennt das ArbZG nicht. Es gibt nur Arbeitszeit oder Ruhezeit. Deswegen unterbricht auch die Mail am Abend die Ruhezeit (§ 5 ArbZG) von elf Stunden zwischen den Arbeitseinsätzen. Einige Expert*innen wollen kurze Unterbrechungen nicht als Unterbrechungen der Ruhezeit werten (Details: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, § 2 Rn. 13).

3. Muss der Dienstherr die Arbeitszeit erfassen?

Es gib im deutschen Arbeitszeitrecht keine Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung. Der Dienstherr muss aber Überstunden nach § 16 Abs. 2 ArbZG dokumentieren. Das funktioniert nur, wenn er allgemein ein System zur Arbeitszeiterfassung vorhält. Das EuGH-Urteil vom 14.5.2019 (C- 55/18) bestätigt, dass der Arbeitgeber oder Dienstherr ein System zur transparenten Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitsmodelle (einschließlich mobiler Arbeit) schaffen muss (Details: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, § 16 Rn. 5).

4. Muss die Arbeitszeiterfassung elektronisch erfolgen?

Das kommt drauf an. In größeren Betrieben oder Behörden wird eine objektiv nachvollziehbare Dokumentation der Arbeitszeit nur durch elektronische Arbeitszeiterfassung möglich sein. In kleineren Betrieben kann eine analoge Dokumentation gewählt werden. Das Arbeitsgericht Emden hat eine Verpflichtung zur elektronischen Arbeitszeiterfassung unmittelbar aus der europäischen Arbeitszeitrichtlinie abgeleitet. Man darf gespannt sein, wie sich Gesetzgebund und Rechtsprechung hier entwickeln (Details: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, § 16 Rn. 11 f.).

5. Kann der Personalrat eine elektronische Zeiterfassung einfordern?

Das ist strittig. Immerhin muss der Personalrat kontrollieren, ob der Dienstherr das ArbZG einhält. Aber wie soll das ohne Zeiterfassung funktionieren? Daher wird für Betriebsräte inzwischen vielfach argumentiert, dass sie ein Initiativrecht für die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung haben müssen. Personalräte haben ja in Fragen der zwingenden Mitbestimmung nach § 70 BPersVG schon gesetzlich ein Initiativrecht. Daher wird man ihnen eventuell auch ein Recht zubilligen müssen, vom Dienstherrn elektronische Zeiterfassungssysteme verlangen zu können (Details: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, Einleitung Rn. 36 ff.).

6. Wie weit reicht das Mitbestimmungsrecht bei der Arbeitszeit?

Nur die Dauer der Arbeitszeit ist der Mitbestimmung entzogen. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitszeit (Beginn, Ende, Pausen, Arbeitszeitmodelle) allerdings unterliegt der vollen Mitbestimmung (§ 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG) und wird typischerweise durch Dienstvereinbarungen geregelt (Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, Einleitung, Rn. 27 ff.).

7. Was ist mit Überstunden?

Die sind nur zulässig, wenn es eine Rechtsgrundlage (Arbeits- oder Tarifvertrag) gibt und der Dienstherr die Überstunden in irgendeiner Form angeordnet hat. Anders als im Bereich der Betriebsräte haben die Personalräte keine Mitbestimmungsrechte aus dem Gesetz. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Grundsatzentscheidung vom 30.5.2006 entschieden, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Personalrats auch auf Überstunden erstreckt.

© bund-verlag.de (fro)

Buchtipp:

Fischer/Mittländer/Steiner: Arbeitszeitgesetz – Basiskommentar, 1. Auflage 2021.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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