Schulungsanspruch

7 Fragen zu Betriebsratsschulungen

30. November 2016
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Quelle: Bund-Verlag

Betriebsräte sind keine Juristen. Und doch benötigen sie für ihr Amt juristisches Wissen. Ohne Schulungen geht es nicht. Doch welche Fortbildungen muss der Arbeitgeber bezahlen? Was gilt für Grundlagenseminare? Und können Betriebsräte auch Rhetorik oder Mobbing-Seminare besuchen? Wir haben Ihnen die 7 wichtigsten Fragen zusammengestellt. Zum Nachlesen empfehlen wir das Lexikon von Christian Schoof, Betriebsratspraxis von A-Z .

1. Kann jedes Betriebsratsmitglied Grundlagenseminare besuchen?

Ja. Alle neugewählten Betriebsratsmitglieder haben ein Recht auf Teilnahme an Grundlagenseminaren, um sich das Basiswissen im Betriebsverfassungs- und Arbeitsrecht, aber auch im Bereich der Arbeitssicherheit oder Unfallverhütung anzueignen. Dieser Schulungsanspruch ergibt sich aus § 37 Abs. 6 BetrVG. Grundlagenschulungen sind – quasi automatisch – immer »erforderlich«, ohne dass es dafür einer weiteren Rechtfertigung bedarf. Ein neu gewähltes Betriebsratsmitglied ist eben erst nach Besuch eines Grundlagenseminars in der Lage, seine sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergebenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Auch für erfahrene Betriebsratsmitglieder oder Vorsitzende können Grundlagenschulungen dann sinnvoll und »erforderlich« sein, wenn sie das Wissen eben noch nicht haben. Grundlagenschulungen werden vom Gremium ausgewählt, es ergeht ein Betriebsratsbeschluss. Es folgt die Anmeldung und die Entsendung der Mitglieder, für die Dauer des Grundlagenseminars sind die Mitglieder von ihrer Arbeit befreit (zu den Kosten siehe Frage 7).

2. Haben Betriebsratsmitglieder ein Recht auf Teilnahme an Spezialschulungen?

Ja – unbedingt. Spezialschulungen zu bestimmten Themen sind wichtig und oftmals »erforderlich« (im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG). Allerdings gelten andere Regeln als für Grundlagenschulungen. Spezialseminare können Betriebsräte nur bei einem betriebsbezogenen Anlass besuchen, der den Besuch eines solchen Spezialseminars »erforderlich« macht. Im Betrieb muss es eine Konfliktlage oder einen betrieblichen Vorfall geben, für dessen Lösung der Betriebsrat das im Spezialseminar vermittelte Wissen benötigt. Dann ist auch der Besuch des Spezialseminars »erforderlich« (§ 37 Abs. 6 BetrVG), mit der Folge, dass der Betriebsrat einen Anspruch auf Teilnahme an dem Seminar – genau wie bei den Grundlagenschulungen – hat.

Ein Mobbing-Seminar – als Beispiel für ein Spezialseminar – kann für den Betriebsrat »erforderlich« (im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG) sein, wenn es im Betrieb Konflikte gibt, für deren Lösung der Betriebsrat Kenntnisse zum Mobbing benötigt. Ein konkreter betriebsbezogener Anlass ist beispielsweise gegeben, wenn der Betriebsrat aufgrund ihm bekanntgewordener Konflikte in Erwägung zieht, dem Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Mobbingprävention vorzuschlagen, um der Entstehung von Mobbing entgegenzuwirken (BAG 14.1.2015 – 7 ABR 95/12).

Ein Spezialseminar zum Arbeitszeitrecht ist dann »erforderlich«, wenn es im Betrieb konkrete Fragen zum Arbeitszeitrecht gibt, also beispielsweise der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu den betrieblichen Arbeitszeiten oder deren Flexibilisierung bevorsteht. Wichtig ist: Spezialschulungen erfordern einen konkreten, betriebsbezogenen Anlass. Dieser muss begründet sein. Der Betriebsrat muss konkret darlegen, warum er das Spezialseminar benötigt.

3. Stehen Betriebsratsmitgliedern Rhetorikseminare zu?

Ja – durchaus. Allerdings handelt es sich bei Rhetorikseminaren nicht um Grundlagenseminare, die jedem Betriebsratsmitglied ohne weiteres zustehen. Rhetorikseminare sind Spezialveranstaltungen, für die es eines konkreten »betriebsbezogenen Anlasses« bedarf. Nur dann sind sie erforderlich (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Kann der Betriebsrat aber nachweisen, dass er seine gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn die rhetorischen Fähigkeiten bestimmter Betriebsratsmitglieder durch Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung verbessert werden, so wird die Entsendung dieser Betriebsratsmitglieder zu einer Rhetorikschulung »erforderlich« i.S. des § 37 Abs. 6 BetrVG sein. So etwa, wenn einzelne Betriebsratsmitglieder vor größeren Gruppen oder einer Belegschaft sprechen müssen. Für einen Betriebsratsvorsitzenden, der ein 13-köpfiges Betriebsratsgremium und Betriebsversammlungen mit mehreren Hundert Mitarbeitern leiten muss, wird eine Rhetorikschulung angemessen und folglich »erforderlich« sein (BAG 12.1.2011 – 7 ABR 94/09).

4. Können Betriebsratsmitglieder Seminare zu aktueller Rechtsprechung besuchen?

Ja. Zwar gehört die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zum unverzichtbaren Grundwissen jedes Betriebsratsmitglieds, dessen Erforderlichkeit nicht näher darzulegen ist. Grundlagenseminare sind solche Veranstaltungen zur Rechtsprechung folglich nicht. Allerdings muss sich der Betriebsrat als Gremium über die Entwicklung der Rechtsprechung auf dem Laufenden halten, um seine Aufgaben verantwortlich wahrnehmen zu können. Er kann es daher im Einzelfall für erforderlich (§ 37 Abs. 6 BetrVG) halten, dass sich einzelne Betriebsratsmitglieder in Seminaren über die aktuelle Rechtsprechung informieren. Die Beurteilung der Erforderlichkeit hängt immer von den betrieblichen Umständen im Einzelfall ab. Dazu gehören insbesondere auch die Seminarinhalte, die vereinbarte Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums und die thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder, die Zahl der entsandten Betriebsratsmitglieder, die Größe des Betriebsrats, die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens und betriebliche Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Rechtsprechungskenntnisse in bestimmten Fragen zu aktualisieren (BAG 18.1.2012 – 7 ABR 73/10).

5. Sind Schulungen auch dann erforderlich, wenn das Wissen im Betriebsrat bereits besteht?

Nein. Die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds ist nicht notwendig, wenn die Kenntnisse im Betriebsrat bereits vorhanden sind. Besitzt ein Mitglied bereits die erforderlichen Kenntnisse, kann die sinnvolle Organisation der Betriebsratsarbeit es gebieten, auch andere Mitglieder mit der Aufgabenwahrnehmung zu betrauen. Es hängt dabei maßgeblich von der Größe und personellen Zusammensetzung sowie von der Geschäftsverteilung des Betriebsrats ab, ob und inwieweit eines oder mehrere Mitglieder über Spezialkenntnisse verfügen müssen (BAG v. 14. 01. 2015 - 7 ABR 95/12).

6. Wer trägt die Kosten für Schulungsveranstaltungen?

Der Arbeitgeber. Die Kosten für die Betriebsratstätigkeit trägt sämtlich immer der Arbeitgeber. So steht es in § 40 BetrVG. Dazu gehören auch die Kosten für Seminare und Schulungen, sofern diese »erforderlich« sind (gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG). Der Arbeitgeber muss neben den eigentlichen Seminargebühren auch die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten zahlen. Der Betriebsrat hat bei der Auswahl des Seminars einen weiten Beurteilungsspielraum. Er braucht auch nicht den günstigsten Anbieter auszuwählen, wenn er eine andere – kostspieligere – Schulung für qualitativ besser hält. Allerdings muss der Betriebsrat insgesamt darauf achten, dass er den Arbeitgeber nur mit Kosten belastet, die er der Sache nach und mit Blick auf die Größe und Wirtschaftskraft des Betriebs für angemessen halten darf.

7. Wer sollte das Seminar buchen?

Am besten der Arbeitgeber. Letztlich muss er die Kosten übernehmen (§ 40 BetrVG). Um daher auf Nummer sicher zu gehen, sollte auch er den Vertrag für die Seminarbuchung nach außen abschließen. Bucht nämlich der Betriebsrat als Gremium, der Vorsitzende oder ein Mitglied selbst das Seminar, so besteht die Gefahr, dass er »in eigenem Namen« auftritt und Vertragspartner wird. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber im Innenverhältnis nach § 40 BetrVG immer die Kosten zu übernehmen hat, macht ihn nach außen hin noch nicht zum Vertragspartner. Zwar kann der Arbeitgeber die Aufgabe der Seminarbuchung an den Betriebsrat oder den Vorsitzenden delegieren. Dann hat dieser eine Vollmacht und kann entsprechend – in Vertretung des Arbeitgebers – das Seminar buchen. Hat er aber keine Vollmacht, so besteht die Gefahr, dass er selbst in der Haftung hängen bleibt und im Zweifel selbst die Kosten tragen muss. In einem heftig umstrittenen Fall des OLG Frankfurt ist letztlich der Betriebsrat als Gremium auf Beraterkosten i.H. von 86.000 € hängen geblieben. (OLG Frankfurt 21.9.2011 – 1 U 184/10).

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