Entgeltumwandlung

Altersvorsorge nicht wegen Geldbedarfs kündbar

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Quelle: © papalapapp / Foto Dollar Club

Die Entgeltumwandlung dient dazu, den Arbeitnehmer im Rentenalter finanziell mit abzusichern. Auch bei einer finanziellen Notlage hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Kündigung des Versicherungsvertrages. Von Matthias Beckmann.

Der Arbeitnehmer hatte mit seinem Arbeitgeber einen Vertrag zur Entgeltumwandlung abgeschlossen. Danach war der Arbeitgeber verpflichtet, jährlich einen Betrag von rund 1.000 Euro in eine zugunsten des Arbeitnehmers bestehende Direktversicherung einzuzahlen. Versicherungsnehmer war der Arbeitgeber.

Entgeltumwandlung zur Altersabsicherung

Die Vereinbarung diente der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers. Bei der Entgeltumwandlung wird ein Teil des Lohnanspruchs nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt sondern für seine betriebliche Altersversorgung umgewandelt, § 1a BetrVG. Auf den umgewandelten Anteil des Entgelts werden keine Einkommensteuer und keine Sozialabgaben erhoben. Allerdings ist die spätere Auszahlung als Rente steuerpflichtig und unterliegt den Beiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit der Klage verlangte der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Kündigung des Versicherungsvertrages. Er sei in einer finanziellen Notlage. Zu diesem Zeitpunkt ruhte der Vertrag bereits, neue Beträge wurden also nicht mehr eingezahlt. Ziel des Arbeitnehmers war aber darüber hinaus die Auszahlung des bereits angesparten Kapitals.

Kein Anspruch auf Kündigung

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Nach Auffassung des BAG hatte der Arbeitnehmer schon kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Kündigung. Die Möglichkeit, das angesparte Kapital für die Schuldentilgung zu verwenden, widerspräche dem Zweck der Entgeltumwandlung. Sinn der Umwandlung sei die Vorsorge für das Alter. Das Interesse des Arbeitnehmers an der Kündigung überwiege jedenfalls nicht das Interesse des Arbeitgebers, so das BAG.

Schon das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hatte die Klage abgewiesen. Die im Wege der Entgeltumwandlung eingezahlten Beiträge seien nicht mit Sozialabgaben oder Einkommensteuer belastet worden. Werde der Vertrag gekündigt, so drohe dem Arbeitgeber die Nachzahlung der eingesparten Sozialabgaben auf die Beitragssumme (LAG Köln, 8.7.2016 - 9 Sa 14/16).

Entgeltumwandlung ist mehr als Sparvertrag

Auch sozialpolitische Aspekte sprächen gegen eine Verpflichtung zur Kündigung der Versicherung. Die betriebliche Altersversorgung als zweite Säule der Altersversorgung bedeute laut LAG mehr als einen jederzeit kündbaren Sparvorgang.

Hinweis für die Praxis

Die Altersvorsorge ist sicher – auch vor dem Begünstigten

Mit dem Urteil des BAG ist die zumindest teilweise bisher anderslautende Rechtsprechung der Instanzgerichte hinfällig. Das LAG Bremen hatte im Jahr 2011 noch zugunsten des Arbeitnehmers entschieden. Dieser konnte demnach vom Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung eines Versicherungsvertrages zur Entgeltumwandlung verlangen. Dies ergebe sich aus dem allgemeinen Gebot zur Rücksichtnahme der Parteien des Arbeitsvertrages (LAG Bremen, 22.6.2016 - 2 Sa 76/10).

Die nunmehr vorliegende Entscheidung des BAG schränkt den Handlungsspielraum der Arbeitnehmer ein. Diese sollen sozusagen vor sich selbst geschützt werden. Wegen einer aktuellen finanziellen Notlage sollen sie keine Entscheidung treffen, die sie später bereuen.

In der Regel gibt es stets die Möglichkeit, den Versicherungsvertrag ruhen zu lassen und die Entgeltumwandlung auszusetzen. Damit kann den akuten finanziellen Interessen des Arbeitnehmers zumindest teilweise Rechnung getragen werden.

Zu beachten ist auch, dass die Aufwendungen zur betrieblichen Altersvorsorge nicht dem pfändbaren Einkommen zuzurechnen sind. Erfährt der Betriebsrat von einer finanziellen Notlage eines Beschäftigten, ist es ein denkbare Hilfestellung, den Arbeitgeber um ein zinsgünstiges Arbeitgeberdarlehen zu bitten.

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (26.04.2018)
Aktenzeichen 3 AZR 586/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 16.5.2018.
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