Kündigungsschutz

BAG: Weiterbeschäftigung ist vollstreckbar

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Quelle: © Fontanis / Foto Dollar Club

Hat der Arbeitnehmer ein rechtskräftiges Urteil erzielt, wonach der Arbeitgeber ihn weiter beschäftigen muss, kann er seinen Anspruch auch per Zwangsvollstreckung durchsetzen. Ist der Arbeitsplatz weggefallen, muss der Chef ihm eine andere vertragsgemäße Aufgabe zuweisen – so das BAG.

Arbeitgeber verweigert Weiterbeschäftigung

Die Parteien streiten über die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil eines Arbeitsgerichts aus dem Jahr 2010. Danach hat die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer »zu unveränderten Arbeitsbedingungen« weiter zu beschäftigen. Die Stelle wurde bezeichnet als »Direktor Delivery Communication & Media Solutions Deutschland und General Western Europe auf der Managerebene 3«.

Das Unternehmen wendet ein, ihm sei die im Urteil genannte Beschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich. Der Arbeitsplatz sei aufgrund konzernübergreifender Veränderungen der Organisationsstruktur weggefallen. Der Arbeitnehmer erhielt auch keine andere Tätigkeit zugewiesen. Die Arbeitgeberin erhob eine so genannte Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Zivilprozessordnung (ZPO).


Anspruch auf andere vertragsgemäße Tätigkeit

Die Revision des Arbeitnehmers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die Arbeitgeberin könne nicht erfolgreich einwenden, ihr sei die Erfüllung eines rechtskräftig zuerkannten Beschäftigungsanspruchs unmöglich. Denn falle der konkrete Arbeitsplatz weg, könne das Unternehmen den Anspruch durch Zuweisung einer anderen vertragsgemäßen Tätigkeit erfüllen.

Selbst wenn die Beschäftigung des Arbeitgebers infolge des Wegfalls des Arbeitsplatzes iSv. § 275 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unmöglich ist, kann die Arbeitgeberin mit dieser Einwendung im Verfahren nach § 767 ZPO nicht durchdringen.

Denn das Gericht müsse von Amts wegen den so genannten Dolo-agit-Einwand berücksichtigen.  Dieser Einwand wird aus dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) berücksichtigen. Diese Rechtsregel besagt, dass derjenige gegen Treu und Glauben verstößt, der eine Leistung verlangt, die er sofort zurückgewähren muss (Latein: »dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est«).

Für das Arbeitsrecht bedeutet diese Regel: Die Arbeitgeberin verstößt gegen die Beschäftigungspflicht aus dem Arbeitsvertrag (§ 611 Abs. 1 BGB), indem sie den Arbeitnehmer nicht beschäftigt. Sie habe nicht dargelegt, dass dies ohne ihr Verschulden geschehen sei (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie muss dem Arbeitnehmer  deshalb nach § 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 249 Abs. 1 BGB eine andere vertragsgemäße Beschäftigung zuweisen. Dass dies nicht möglich oder zumutbar sei, habe das Unternehmen nicht behauptet.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (21.03.2018)
Aktenzeichen 10 AZR 560/16
BAG, Pressemitteilung Nr. 17/18 vom 21.3.2018
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