Arbeitsentgelt

Arbeitnehmer muss Überstunden beweisen

09. Oktober 2018
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Quelle: © Digitalpress / Foto Dollar Club

Geld für Überstunden gibt es nur, wenn der Arbeitgeber sie anordnet, billigt, duldet oder sie notwendig sind, um die zugewiesene Arbeit erledigen zu können. Darlegen und beweisen muss dies jeweils der Arbeitnehmer. Von Margit Körlings.

Der Kläger will die Vergütung von 111 Stunden Mehrarbeit, die er in zwischen April und Dezember 2015 geleistet hat. Er war bei seinem Arbeitgeber von Oktober 2014 bis Juli 2016 in einer Fünf-Tage-Woche (160 Stunden im Monat) beschäftigt. Mit der letzten Abrechnung erhielt er Stunden aus einem Arbeitszeitkonto bezahlt.

Seine Arbeitgeberin hat ihn unstreitig für Überstunden im August 2015 bezahlt. Der Kläger gibt an, der Ausgleich seines Arbeitszeitskontos habe nur Stunden aus dem Jahr 2016 betroffen. Im Übrigen habe die Arbeitgeberin die Stunden mit Ausnahme der Monate in 2015 immer aufgrund seiner Monatsberichte abgerechnet.

Das bestreitet die Arbeitgeberin. Sie gibt an, Die Beklagte sagt, dass sie die Monatsberichte geprüft habe. Sie habe die Abrechnungen des Arbeitgebers nicht automatisch zugrunde gelegt und keine Einreichung von monatlichen Stundenaufstellungen verlangt.

Beweislast liegt beim Arbeitnehmer

Will ein Arbeitnehmer die Bezahlung von Überstunden durchsetzen, muss er beweisen, dass er die Arbeit nicht in der Normalarbeitszeit geschafft hat und daher Mehrarbeit leisten musste. 

Er muss dazu darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Erst dann muss der Arbeitgeber substantiiert, also konkret, den Vortrag des Arbeitnehmers bestreiten. Dies unter Berücksichtigung der tatsächlich zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe, fordert das Bundesarbeitsgericht (BAG 16.05.2012 – 5 AZR 347/11, Rn. 27 ff und BAG 10.04.2013 – 5 AZR 122/12 Rn. 9).

Neben dem tatsächlichen Leisten der Überstunden setzt die Vergütungspflicht voraus, dass der Arbeitgeber die Stunden angeordnet, gebilligt oder geduldet oder dass diese jedenfalls notwendig waren, um die Arbeit zu erledigen. Auch diese Zustimmung des Arbeitgebers oder die Notwendigkeit der Überstunden muss der Arbeitnehmer beweisen (BAG 10.04.2015 – 5 AZR 122/12 Rn. 14 mwN).

Anordnen von Überstunden

Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden, muss der Arbeitnehmer vortragen, wer ihn wann und auf welche Weise angewiesen hat, wie viele Überstunden zu leisten. Die pauschale Behauptung des Arbeitnehmers, eine Anordnung habe bestanden, genügt nicht. Fehlt eine ausdrückliche Anordnung, ist es Sache des Arbeitnehmers darzulegen, dass die ihm zugewiesene Arbeit nicht innerhalb der Normalarbeitszeit zu schaffen war.

Dulden von Überstunden

Dulden von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber Kenntnis von der Leistung von Überstunden hat und nichts unternimmt, dass diese unterbleiben. Bei einer Lohnklage muss der Arbeitnehmer vortragen, von welchen, wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber Kenntnis erlangt hat und dass es im Anschluss daran es zu weiteren Überstunden gekommen ist.

Erst danach hat der Arbeitgeber darzutun, welche Maßnahme er ergriffen hat, um weitere Überstunden zu vermeiden. Allein die Entgegennahme von Stundenzetteln des Arbeitnehmers bedeutet noch keine Kenntnis des Arbeitgebers darüber, dass dieser Überstunden geleistet hat (BAG 10. 4.2015 – 5 AZR 122/12 Rn. 21 f.).

Praxistipp

Die Anweisung von Überstunden sollte sich der Arbeitnehmer schriftlich so genau wie möglich bestätigen lassen. Ist der Arbeitgeber dazu nicht bereit, muss der Arbeitnehmer seine Arbeit umfassend dokumentieren.

Festzuhalten ist:

  • Wer hat dem Arbeitnehmer wann welche Arbeit zugewiesen?
  • Wer kann dies bezeugen?
  • Wer hat kann bestätigen, von wann bis wann der Arbeitnehmer welche Tätigkeit ausgeführt hat?

Ansonsten wird es der Arbeitnehmer immer schwer haben die Vergütung von Überstunden durchzusetzen.

Der Betriebsrat kann in einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass für jeden einzelnen Arbeitnehmer jede zu leistende Überstunde schriftlich vereinbart werden muss. Eine solche Vereinbarung geht über das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Absatz 1 Nr. 3 BetrVG hinaus.

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Rheinland-Pfalz (08.05.2018)
Aktenzeichen 8 Sa 14/18
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 10.10.2018.
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