Entgelttransparenz

Auskunftsanspruch steht auch freier Mitarbeiterin zu

15. Juli 2020
Team Frauen Männer Lohn Gehalt Geld
Quelle: www.pixabay.com/de

Frauen und Männer haben Anspruch auf Gleichbehandlung beim Lohn. Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) ermöglicht den Beschäftigten zu prüfen, ob sie wegen ihres Geschlechts beim Arbeitsentgelt benachteiligt werden. Dass der Arbeitgeber die Auskunft auch freien Mitarbeiterinnen erteilen muss, bestätigt nun das BAG.

Für Frauen und Männern gilt im Arbeitsleben das Entgeltgleichheitsgebot. Beschäftigte sind unabhängig von ihrem Geschlecht für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch gleich zu bezahlen. Das ergibt sich direkt aus dem Grundgesetz (Art 3 Abs. 2 GG) und europäischem Recht, z. B. der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG. In Deutschland liegt diese Richtlinie z. B. dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) zugrunde. Dieses Gesetz enthält das Entgeltgleichheitsgebot (§ 7 EntgTranspG).

Um prüfen zu können, ob der Arbeitgeber das Gebot bei ihrem Gehalt einhält, haben Beschäftigte einen Auskunftsanspruch (§ 10 Abs. 1 EntgTranspG). Der Arbeitgeber muss erläutern, nach welchen Kriterien und Verfahren das konkrete Entgelt festgelegt wurde. Er muss angeben, welche Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung für eine andere Tätigkeit gelten, die aus Sicht des Arbeitnehmers gleich oder gleichwertig ist (Vergleichstätigkeit). Er muss auch das Entgelt angeben, das für diese Tätigkeit gezahlt wird (sog. Vergleichsentgelt).

Das BAG hat sich mit der Frage befasst, ob dieses Auskunftsrecht allein Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder auch anderen Personen zustehen kann.

Darum geht es

Die Klägerin ist seit 2007 als Redakteurin beim ZDF tätig. Seit Juli 2011 hat sie einen unbefristeten Vertrag als freie Mitarbeiterin und übt eine Tätigkeit als »Redakteurin mit besonderer Verantwortung« aus.

Die Redakteurin ging davon aus, dass sie wegen ihres Geschlechts eine geringere Vergütung erhalte als ihre vergleichbaren männlichen Kollegen. Sie wandte sich mit Schreiben vom 1.8.2018 begehrte an den bei ihrem Arbeitgeber gebildeten Personalrat und verlangte eine Auskunft nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG. Dieser antwortete ihr nach Rücksprache mit der Personalabteilung, dass sie als freie Mitarbeiterin nicht unter das EntgTranspG falle und deshalb keinen Auskunftsanspruch habe.

Sie erhob Klage auf Erteilung der im Gesetz genannten Auskünfte

  • über die Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung
  • über die Vergütung vergleichbarer Mitarbeiter (Vergleichstätigkeit und Vergleichsentgelt)

Das Landesarbeitsgericht (LAG Berlin-Brandenburg) wies die Klage ab. Die Klägerin sei zu keiner Zeit Arbeitnehmerin, sondern immer freie Mitarbeiterin gewesen. Sie habe keine ausreichenden Hinweise dafür vorgetragen, dass sie bei der Vergütung wegen ihres Geschlechts benachteiligt wird, Sie köne deshalb weder Auskünfte noch eine weitere Vergütung oder Entschädigung fordern (LAG Berlin-Brandenburg, 5.2.2019 - 16 Sa 983/18).

Das sagt das BAG

Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte die Redakteurin nun zum Teil Erfolg. Sie kann vom ZDF zumindest Auskunft über die Kriterien und das Verfahren der Entgeltfindung verlangen, da sie auch als freie Mitarbeiterin des ZDF »Beschäftigte« im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 1 EntgeltTranspG ist.

Wer Beschäftigter im Sinne des EntgTranspG ist, definiert das Gesetz in § 5 EntgTranspG. Dort sind als »Beschäftigte« nur »Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer« (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 EntGTranspG) genannt, neben Beamten, Richtern, Soldaten, Auszubildenden und Heimarbeitern.

Der Begriff »Arbeitnehmer« in dieser Vorschrift sei aber weit auszulegen, betont das BAG, um den Vorgaben der Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG zu genügen. Anderenfalls würde das EntgTranspG die Richtlinie zur Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer beim Entgelt nicht richtig umsetzen.

Ob die Redakteurin gegen das ZDF auch einen Anspruch auf Erteilung von Auskunft über das Vergleichsentgelt hat, konnte muss nun das Landesarbeitsgericht in einem neuen Verfahren prüfen.

Das bedeutet die Entscheidung für Sie

Der Anspruch auf Auskunft nach dem EntgTranspG steht Beschäftigten zu, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten tätig sind. Die Rechtsform des Betriebes spielt keine Rolle. Entsprechend gilt der Auskunftsanspruch daher auch für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst oder wie hier bei einem öffentlichen Fernsehsender.

Das Urteil stellt klar, dass auch freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Diskriminierungen oder Nachteilen aufgrund ihres Geschlechts geschützt werden müssen. Die tatsächliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern durchzusetzen ist auch eine Kernaufgabe der Betriebsratsratsarbeit (§ 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG).

Als Betriebsrat sollten Sie ihren Arbeitgeber auf das Urteil hinweisen und dafür sorgen, dass auch Betriebsvereinbarungen zur Entgelttransparenz angepasst und auf die freien Mitarbeiter erweitert werden.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (25.06.2020)
Aktenzeichen 8 AZR 145/19
BAG, Pressemitteilung Nr. 17/20 vom 25.6.2020
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