Mitbestimmung

Außertariflich heißt nicht außerrechtlich

22. November 2019 Außertariflich, AT-Angestellte
Dollarphotoclub_60327726_160503
Quelle: © Jeanette Dietl / Foto Dollar Club

Außertarifliche Angestellte verdienen mehr Geld als Tarifangestellte und arbeiten daher ohne Ende, oder? Überstunden gibt es nicht für sie, da die schon im Arbeitsvertrag abgegolten sind. Und der Betriebsrat kann auch nichts für sie tun. Ob das alles so stimmt, klärt Achim Thannheiser in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 11/2019.

Als Außertarifliche (AT)-Angestellte gelten zumeist die Beschäftigten, deren Gehalt das höchste tariflich vorgesehene Jahresgehalt übersteigt und die eine herausgehobene Tätigkeit ausüben.

 

 

Gut zu Wissen

Wer ist AT-Angestellter?

Auf folgende Kriterien - teils kumuliert - wird in Tarifverträgen häufig abgestellt:

  • höherwertiges Aufgabengebiet
  • andersartiges Aufgabengebiet,
  • höheres Gehalt als höchstes Tarifgehalt – teils mit Abstandsgebot (15 Prozent drüber)
  • ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag.

 

AT-Angestellte stehen somit zwischen Tarifangestellten und leitenden Angestellten. Betriebsverfassungsgesetz und Tarifverträge definieren ihren Status. Sie sind Angestellte, die unabhängig von ihrer Tarifbindung nach § 3 TVG aus dem persönlichen Geltungsbereich des jeweils einschlägigen Tarifvertrags herausgenommen wurden.

Nicht schutzlos

Bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers sind tarifvertragliche Rechtsnormen über Abschluss, Inhalt- und Beendigung von Arbeitsverhältnissen für AT-Angestellte nicht anzuwenden. Betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Normen eines Tarifvertrags sind dagegen auch für diese Arbeitnehmergruppe verbindlich (§ 3 Abs. 2 TVG). Liegt jedoch kein AT-Arbeitsverhältnis vor, so sind die tarifvertragswidrigen Arbeitsvertragsinhalte unwirksam und die tariflichen Bestimmungen gelten.

Auch wenn AT-Beschäftigte nicht vom Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags erfasst werden, gelten viele arbeitsrechtliche Schutzvorschriften auch für sie.

Beispiele:

  • Sie fallen unter die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes und wie später gezeigt werden wird, sind entsprechende Beteiligungsrechte des Betriebsrats sogar umfassender als bei Tarifbeschäftigten.
  • Trotz fehlender tariflicher Arbeitszeitregeln sind insbesondere die Vorschriften über Höchstarbeitszeiten und Arbeitsverbote des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) einzuhalten.
  • Dazu kommen der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit sowie der Schutz gegen unzulässige Befristungen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG).
  • Es besteht mindestens Anspruch auf bezahlten Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).

Noch mehr Infos zum Thema im Podcast »AiB Audio«:
Es gibt viele Mythen zu AT- Beschäftigten – diese klärt unsere Chefredakteurin Eva-Maria Stoppkotte im Gespräch mit der AT-Expertin Dr. Lyudmyla Volynets von der IG BCE. Jetzt anhören: Der Mytos vom Außertariflich Beschäftigten

Kernthema: Arbeitsvertrag

Es ist immer zu empfehlen, die Arbeitsverträge schriftlich abzuschließen und die wesentlichen Vertragsbedingungen zu beschreiben. Dies gilt auch deshalb, weil AT-Beschäftigte vom persönlichen Geltungsbereich des Nachweisgesetzes erfasst werden und daher einen Rechtsanspruch auf Mitteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen haben.

In einem gewissen Umfang sind Arbeitsvertragsinhalte auch mitbestimmungspflichtig, wie nachfolgende Beispiele zeigen.

  • Enthält der vorgefertigte Arbeitsvertrag beispielsweise Regelungen zur Lage und Verteilung der Arbeitszeit, so ist dies vom Betriebsrat nicht einfach hinzunehmen, sondern nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
  • Pauschale Regelungen zur Ableistung von Überstunden in Arbeitsverträgen unterliegen ebenfalls der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
  • Werden Geldleistungen über das tarifliche Gehalt hinaus versprochen, können diese im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr.10 oder Nr. 11 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein.

In manchen Arbeitsverträgen finden sich von vornherein bestimmte Urlaubsgrundsätze. Dass beispielsweise Urlaub zu bestimmten Zeiten nicht genommen werden kann oder eine Mindestzeit während der Betriebsferien genommen werden muss. Diese Regelungen sind nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Sofern allerdings bereits über Urlaubsgrundsätze eine mitbestimmte Regelung im Betrieb vorhanden ist, kann diese arbeitsvertraglich ohne erneute Mitbestimmung umgesetzt werden.

Wie der Betriebsrat bei der Arbeitszeit und Überstunden mitbestimmen kann, erfahren Sie von Achim Thannheiser in seinem Beitrag »AT-Angestellte und Arbeitszeit«, in »Arbeitsrecht im Betrieb« 11/2019 ab Seite 32.

Jetzt 2 Ausgaben »Arbeitsrecht im Betrieb« gratis testen und sofort online auf alle Inhalte zugreifen!

© bund-verlag.de (EMS)

AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren