Betriebsverfassungsgesetz

Das kommt auf Betriebsräte zu

22. April 2016

Betriebsräte sind unverzichtbar. Denn die Arbeitswelt ändert sich und die Digitalisierung macht ernst. Vielerorts herrscht Verunsicherung. Betriebsräte müssen mitgestalten und für die Arbeitnehmerrechte kämpfen. Wir haben Micha Heilmann, Mitautor des heute erscheinenden Basiskommentars zum BetrVG, zu den aktuellen Herausforderungen der Mitbestimmung befragt.

Bund-Verlag: Ist das aktuelle BetrVG in Zeiten von Arbeit 4.0 und Digitalisierung noch zeitgemäß?

Micha Heilmann:
Nur zum Teil. Es fehlen sowohl Mitbestimmungsrechte als auch Lösungen für die vielfache Auflösung von Betriebsstrukturen durch mobile und entgrenzte Arbeit. Daher muss das Betriebsverfassungsgesetz verbessert werden. Es muss überlegt werden, wie sogenannte Solo-Selbstständige, crowdworker usw. in die Betriebsverfassung einbezogen werden sollen und können.

Weiterhin müssen wir schauen, wie die Mitbestimmungsrechte in Bezug auf Weiterbildung und Qualifikation flächendeckend mit Leben gefüllt werden können und welche Gesetzesänderungen da notwendig sind. Qualifikation ist immer noch Sonntagsredenthema in den Betrieben. Arbeit 4.0 wird neue Anforderungen an Fortbildungen und Qualifizierungen mit sich bringen.
Wir werden mehr Mitbestimmungsrechte benötigen, vor allem solche, die den neuen Herausforderungen Rechnung tragen. Zum Beispiel im Hinblick auf mobile Arbeit und Entgrenzung.

Bund-Verlag: Was empfehlen Sie Betriebsräten, um den neuen Herausforderungen rund um Arbeit 4.0 zu begegnen?

Micha Heilmann:
Nun, zunächst müssen die Prozesse und die möglichen Auswirkungen auf die Branche und den Betrieb geklärt werden. Da Arbeit 4.0 kein statisches Ereignis ist, das einmal passiert und geregelt werden muss, sondern ein kontinuierlicher Prozess, sollten Betriebsräte für die ArbeitnehmerInnen und auch für das Gremium überlegen, wie sie den Prozess organisieren, um am Ball zu bleiben und jeweils rechtzeitig Regelungen zu treffen.

Bund-Verlag: Wenn Sie drei Top-Urteile des BAG zum BetrVG der letzten Jahre nennen sollten, welche wären es?

Micha Heilmann:
Ich will mich da auf den Bereich des kollektiven Arbeitsrechts beschränken. Zu nennen sind die geänderte Rechtsprechung zur Tarifeinheit. Die hat immerhin dazu geführt, dass der Bundestag ein Gesetz beschlossen hat, um diese Rechtsprechung zu korrigieren. Das Bundesverfassungsgericht will ja in diesem Jahr noch darüber entscheiden ob das Gesetz verfassungsgemäß ist.

Dann wäre noch zu nennen die Änderung der Rechtsprechung bei der Berücksichtigung von LeiharbeitnehmerInnen bei den Schwellwerten. Dies ist eine Reaktion auf die zunehmende Zersplitterung der Betriebe. Wichtig für den Alltag war auch noch die neue Rechtsprechung zur Frage von Einladung,Tagesordnung und Betriebsratsbeschlüssen.

Der Interviewpartner:

Micha Heilmann ,

Rechtsanwalt, Leiter der Rechtsabteilung der Gewerkschaft NGG, ehrenamtlicher Richter am BAG.

© bund-verlag.de (ls)

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