Arbeitsplatz

Desksharing – Fluch oder Segen?

21. Juni 2021 Desksharing
Büro
Quelle: pixabay

Mobiles Arbeiten eröffnet Arbeitgebern neue Möglichkeiten für die Bürogestaltung. Nicht mehr jeder Mitarbeiter benötigt ein eigenes Büro – so die zunehmende Sichtweise vieler Großunternehmen. Unsere Experten Marc-Oliver Schulze und Hendrik Wolters zeigen in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2021, worauf der Betriebsrat bei Einführung und Umsetzung von Desksharing-Modellen achten muss.

Der einzelne Arbeitnehmer verfügt beim Desksharing über keinen eigenen fest zugeordneten Arbeitsplatz mehr. Stattdessen hält der Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl an Arbeitsplätzen vor. Der Arbeitnehmer hat sich entweder morgens einen freien Arbeitsplatz zu suchen oder bereits im Vorfeld mittels eines Buchungstools zu reservieren. Grundsätzlich können fünf verschiedene Büroformen unterschieden werden: Das Einzelbüro, das Gruppenbüro, in dem sich zwei bis vier Mitarbeiter einen Raum teilen, das Kombibüro, das sowohl Einzel- als auch Gruppenräume bietet, das Open-Space-Großraumbüro, in dem die Arbeitsplätze nicht durch massive Wände abgetrennt werden und die Bürolandschaft, in der sich Gruppen- und Stillarbeitsplätze, Konferenz- und Begegnungszonen mischen. Am Ende eines jeden Tages ist der Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen (sog. Clean-Desk-Policy). Für persönliche Gegenstände und dem einzelnen Arbeitnehmer zugeordnete Arbeitsmittel werden mobile Container oder andere Ablagemöglichkeiten vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt.

Direktionsrecht des Arbeitgebers

Aus der Sicht des einzelnen Arbeitnehmers handelt es sich bei der Einführung von Desksharing um eine unternehmerische Entscheidung, die der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 GewO anordnen kann. Der Arbeitgeber hat aber keinesfalls die Möglichkeit, Beschäftigte  – gegen ihren Willen – in das Homeoffice zu schicken.

Betriebsänderung

Die Einführung von Desksharing stellt regelmäßig eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 Nr. 4 und/oder Nr. 5 BetrVG dar. Eine Umsetzung kann deshalb erst nach Zustimmung des Betriebsrats oder nach dem Scheitern eines ernsthaften Versuchs, einen Interessenausgleich abzuschließen, erfolgen. Etwaige (wirtschaftliche) Nachteile sind in einem Sozialplan auszugleichen.

Mitbestimmung beim Ordnungsverhalten

Die mit dem Desksharing verbundenen Anordnungen und Festlegungen durch den Arbeitgeber können im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zwingend mitbestimmungspflichtig sein. Die Grenzen zwischen mitbestimmtem Ordnungsverhalten und mitbestimmungsfreiem Arbeitsverhalten sind fließend. Auch wenn die Grundsatzentscheidung einer nicht mehr individuellen Zuordnung der Arbeitsplätze in untrennbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung steht und Voraussetzung für deren ordnungsgemäße Erbringung ist, gibt es diverse Regelungen, die dem mitbestimmten Ordnungsverhalten zuzuordnen sind. So unterfallen etwa Anordnungen zur Art und Weise der Gestaltung des Arbeitsplatzes der Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.  Es spricht auch viel dafür, dass die mitbestimmungsfreie Konkretisierung der Arbeitspflicht erst mit Aufnahme der Arbeit am Arbeitsplatz beginnt, sodass alle Anordnungen für die Zeit davor und danach dem mitbestimmten Ordnungsverhalten zuzuordnen sind.

Auch betreffen Beschränkungen hinsichtlich des Platzierens privater Gegenstände am Arbeitsplatz, des Belegens freier anderer Arbeitsplätze oder die Anordnung zur Pflege, zum Gießen und Zurückschneiden mitgebrachter privater Zimmerpflanzen schwerpunktmäßig das Ordnungsverhalten des Mitarbeiters und sind deshalb mitbestimmungspflichtig.

Wird für die Zuordnung der Arbeitsplätze ein elektronisches Buchungs-Tool genutzt, greift das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein, da es sich um eine technische Einrichtung handelt, die zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle geeignet ist.

Warum es Sinn macht beim Desksharing auch den Arbeits- und Gesundheitsschutz im Blick zu haben und welche Punkte eine Betriebsvereinbarung zum Desksharing enthalten sollte, erfahren Sie in der »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2021 ab Seite 37.

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