Arbeitsvertrag

Drei Jahre Kündigungsfrist sind zuviel

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Quelle: © bluedesign / Foto Dollar Club

Nicht nur zu kurze, auch überlange Kündigungsfristen können gegen Treu und Glauben verstoßen. Verlängert der Arbeitgeber über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis auf drei Jahre, werden dadurch Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt, auch wenn die Frist für beide Seiten gelten soll. Der Arbeitgeber muss dann auch Kündigungen mit kürzerer Frist hinnehmen.

In diesem Verfahren verlangte der Arbeitgeber vor Gericht, dass sein Arbeitnehmer eine Kündigungsfrist von drei Jahren einhalten sollte.

Drei Jahre Kündigungsfrist vereinbart

Die Arbeitgeberin beschäftigte den Arbeitnehmer in ihrer Leipziger Niederlassung seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann. Vereinbart war eine 45-Stunden-Woche gegen eine Vergütung von 1.400 Euro brutto. Im Juni 2012 unterzeichneten die Parteien eine Zusatzvereinbarung. Sie sah vor, dass sich die gesetzliche Kündigungsfrist für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende verlängerte, und hob das monatliche Bruttogehalt auf 2.400 Euro an, ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000 Euro auf 2.800 Euro. Das Entgelt sollte bis zum 30. Mai 2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben.

Eigenkündigungen nach Bespitzelung

Ein Mitarbeiter in der Niederlassung stellte fest, dass auf den Computern versteckt ein Programm namens »PC Agent« installiert war, das das zur Überwachung des Arbeitsverhaltens geeignet ist. Daraufhin kündigten der Arbeitnehmer und fünf weitere Kollegen am 27. Dezember 2014 ihre Arbeitsverhältnisse zum 31. Januar 2015. Die Arbeitgeberin erhob Klage vor dem Arbeitsgericht und will festgestellt wissen, dass die Arbeitsverhältnisse bis Ende 2017 fortbestehen.

Kündigungsfrist verletzt Treu und Glauben

Die Arbeitgeberin hatte aber keinen Erfolg. Wie die Vorinstanz wies auch das Bundesarbeitsgericht die Klage ab. Das Gericht sah die als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) formulierte Verlängerung der Kündigungsfrist als unwirksam an. Die Drei-Jahres-Frist benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Sie ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam.

Überlange Kündigungsfrist verletzt Berufsfreiheit

Denn eine vom Arbeitgeber vorformulierte Kündigungsfrist muss nicht nur die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB und des § 15 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) einhalten.

Ist die Frist wesentlich länger ist als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB, muss das Arbeitsgericht unter Abwägung aller Umstände auch prüfen, ob die verlängerte Frist die berufliche Bewegungsfreiheit beeinträchtigt. Denn nach Art. 12 Grundgesetz (GG) ist die Berufsfreiheit geschützt. Das umfasst auch die Freiheit, Beruf und Arbeitsplatz zu wechseln.

Das BAG stellte fest, dass hier trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist der Arbeitnehmer unausgewogen benachteiligt wird. Der Nachteil für den Beklagten wurde nicht durch die vorgesehene Gehaltserhöhung aufgewogen, zumal das Vergütungsniveau durch die Zusatzvereinbarung langfristig eingefroren war.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (26.10.2017)
Aktenzeichen 6 AZR 158/16
BAG, Pressemitteilung Nr. 48/17 vom 26.10.2017
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