Sonderzahlungen

Wieviel Bonus ist gerecht?

07. September 2016

Die Höhe von Boni oder Prämien führt häufig zum Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, eine Prämie »nach billigem Ermessen« festzulegen, kann das Arbeitsgericht direkt über die angemessene Höhe entscheiden.

Der Kläger war vom 1.10.2010 bis 30.09.2012 bei der deutschen Niederlassung einer internationalen Großbank beschäftigt. Er nahm an einem Bonussystem teil. Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2009 erhielt er 200.000 Euro, für 2010 nur noch 9.910 Euro. Für das Jahr 2011 erhielt er keinen Bonus. Kollegen des Arbeitnehmers erhielten für 2011 Zahlungen in Höhe von einem Viertel bis zur Hälfte der Leistung, die sie jeweils im Vorjahr erhalten hatten. Der Arbeitnehmer will auch für das Jahr 2011 einen Bonus erhalten. Die Höhe stellte er ins Ermessen des Gerichts, wobei er aber mindestens 52.480 Euro für angemessen hält.

»Auf und ab« auf dem Rechtsweg

Das Arbeitsgericht (ArbG) Frankfurt am Main hatte dem Kläger für 2011 einen Bonus in Höhe von 37,5 Prozent seines Vorjahreslohns zugesprochen. Der Maßstab war die Zahlung an die Kollegen zwischen einem Viertel und der Hälfte also zwischen 25 und 50 Prozent, mithin in Höhe der Differenz. Das ergab einen Betrag von 78.720 Euro.

Dagegen gab das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) der Berufung der Bank statt und wies die Klage ab. Als Begründung sagte das LAG, dass der Kläger keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgetragen hat, die es dem Gericht ermöglicht hätten, den Bonus in einer bestimmten Höhe festzusetzen.

Leistungsbestimmung direkt durch das Gericht

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) war für den Kläger erfolgreich. Die Bank hatte nichts dazu vorgetragen, wieviel die Leistung des Klägers ihr wert war. Sie war der Meinung, den Kläger komplett von einer Bonuszahlung ausschließen zu können. Die Entscheidung, den Bonus auf Null zu setzen, war nach Ansicht des Gerichts aber nicht richtig, denn die Arbeitgeberin hatte eine Leistung »nach billigem Ermessen« versprochen.

Das Gesetz besagt im Wortlaut in § 315 Absatz 3 BGB: »Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen.« Das bedeutet, in derartigen Fällen kann das Arbeitsgericht den angemessenen Betrag direkt festlegen.

Arbeitnehmer hat keine Beweislast

Dazu genügt das, was die Parteien vor Gericht vorgetragen haben. Denn regelmäßig hat der Arbeitnehmer in dieser Situation keine Kenntnis von der Höhe des Bonustopfes, den der Arbeitgeber ausschütten will, und welche Geschäftszahlen darin einfließen.

In der Regel erhebt der Arbeitnehmer dann eine Stufenklage: Zuerst klagt er auf Auskunft, um zu erfahren, welche Berechnungen der der Arbeitgeber anstellt, beispielsweise bei Provisionen. Im zweiten Schritt folgt eine Leistungsklage, um den so ermittelten Betrag vom Arbeitgeber einzufordern.

Dies ist nicht erforderlich, wenn der Arbeitgeber eine Prämie »nach billigem Ermessen« (§ 315 BGB) zugesagt hat. In diesem Fall kann das Gericht die angemessene Höhe selbst festsetzen. Dabei orientiert sich das Gericht an den im Prozess vorgelegten Zahlen: Die Höhe der Bonuszahlung im des Vorjahr, die wirtschaftlichen Kennzahlen, das Ergebnis der Leistungsbeurteilung und die Höhe der Zahlungen an die Kollegen.

LAG muss neu entscheiden

Das BAG hat das Verfahren an das Hessische LAG zurückverwiesen, da die Bestimmung der Leistung nach § 315 BGB Sache der Tatsacheninstanz ist, während das Bundesarbeitsgericht als Revisionsgericht nur Rechtsfragen entscheidet Der Kläger weiß nun schon, dass er Geld bekommt, aber er kennt noch nicht die Höhe des Betrags.

Praxistipp:

Der Betriebsrat hat gehörige Mitspracherechte, wenn es um Prämien des Arbeitgebers, Bonussysteme oder leistungsorientierte Löhne geht. Die einschlägigen Mitbestimmungsrechte sind § 87 Absatz 1 Nr. 10 BetrVG (Fragen der betrieblichen Lohngestaltung) und § 87 Nr. 11 BetrVG (Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen). In einer Betriebsvereinbarung sollten die Grundsätze möglichst klar geregelt sein, nach denen sich Bonuszahlungen und Prämien berechnen. Dem Arbeitgeber zu überlassen, eine Prämie oder einen Bonus »nach billigem Ermessen« festzulegen, ist keine gute Idee. Wie der hier entschiedene Fall zeigt, führen derartig unbestimmte Begriffe oft nicht zum gewünschten Ergebnis, sondern häufiger zu einem langen Rechtsstreit.

Lesetipp:

» Beurteilungsverfahren und Beweislastverteilung beim Leistungsentgelt« - BAG, Urteil v. 18.6.2014, – 10 AZR 699/13, erläutert von Ulrich Petri in AiB 3/2015, S. 64-65 .

BAG, 03.08.2016 - 10 AZR 710/14Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH
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