Einsichtsrecht

Einsicht in elektronische Unterlagen

15. Februar 2017

Alle Betriebsratsmitglieder haben das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats einzusehen. In der Praxis kann das schwierig sein, wenn nur einem Teil der Mitglieder am Arbeitsplatz ein PC zur Verfügung steht. Kommt es im Gremium zum Streit darüber, ob alle Mitglieder gleiche Möglichkeiten zur Einsicht haben, kann das Arbeitsgericht entscheiden.

Streitigkeit innerhalb des Betriebsrats

In diesem Fall streiten acht einzelne Mitglieder des Betriebsrats eines Großunternehmens als Antragssteller mit dem übrigen Betriebsrat. Es geht um die Frage, wie weit das Recht einzelner Mitglieder auf Einsichtnahme in digitale Unterlagen reicht. Zwei der acht Mitglieder sind nur Ersatzmitglied im Betriebsrat. Einige der acht Antragssteller können von ihrem Büroarbeitsplatz grundsätzlich auf Laufwerke des BR zugreifen. Die anderen sind in der Produktion beschäftigt und können nur über einen Gemeinschafts-PC an die Daten gelangen.

Wie in fast allen großen Unternehmen ist auch dieser Firma nahezu jeder Vorgang digitalisiert, also auf elektronischem Wege gespeichert und wieder abrufbar. Entsprechendes gilt für den Betriebsrat: Sitzungsniederschriften, Ausschussprotokolle, Unterlagen und Kommunikation sowohl mit dem Arbeitgeber als auch mit der Belegschaft, alles verläuft über den PC. Vor diesem Hintergrund wurde ein weiterer Rechner für alle Betriebsratsmitglieder angeschafft. Dieser ermöglicht allerdings nur, Unterlagen zu lesen, nicht aber selbst Mails zu schreiben oder Daten einzustellen.

Zugang zu Betriebsrats-Unterlagen

Da also manche Mitglieder schlechtere Einsichts- und Zugriffsrechte hatten als andere, zogen acht von ihnen vor das Arbeitsgericht. Sie beantragten, dass der Betriebsrat jedem Mitglied jederzeitige und uneingeschränkte Einsichtnahme in alle elektronisch gespeicherten Daten ermöglichen soll. Das Arbeitsgericht wies den Antrag ab, das Landesarbeitsgericht (LAG) München gab den Antragsstellern jedoch Recht (LAG München, 24.02.2014 - 3 TaBV 92/13).

Dagegen ging nun der Betriebsrat als Gremium vor. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hob die Entscheidung aus formalen Gründen auf und verwies den Fall an das LAG München zurück. Der Antrag der Mitglieder sei nicht genau genug formuliert. Müsste ein Gerichtvollzieher das Urteil des LAG München vollstrecken, könne er nicht entscheiden, welche Maßnahmen der Betriebsrat ergreifen müsste, um eine vollständige Einsichtnahme zu ermöglichen. Daher muss das Landesarbeitsgericht München erneut entscheiden.

Praxistipp:Gleiches Recht auf Einsicht für alle Mitglieder

Dieser Fall hat drei Gerichte beschäftigt, aber die Kernfragen hat das BAG hier gar nicht beantwortet. Die Grundlage für das durch die Antragssteller geltend gemachte Recht findet sich in § 34 Abs. 3 BetrVG. Danach haben die Mitglieder des Betriebsrats das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit einzusehen. Mit diesem Anspruch waren die Gerichte schon öfter befasst. So sagt das BAG, dass das Einsichtsverlangen keinen zeitlichen Beschränkungen unterliegt. Kein Mitglied soll später als andere über Informationen verfügen. Herausgehobene Mitglieder wie etwa der Vorsitzende oder sonstige Freigestellte sollen keinen Wissensvorsprung bekommen.

Einsichtsrecht für wirksame Beschlüsse

Daher ist es dem Grunde nach unzulässig die Einsichtsrecht in irgendeiner Weise zu beschränken: So sind weder Beschlüsse des Betriebsrat noch dessen Geschäftsordnung wirksam, wenn das Einsichtsrecht an bestimmte Voraussetzungen, wie etwa ein besonderes Interesse geknüpft wird. Aber auch eine tatsächliche Einschränkung, z. B. dadurch, dass der Vorsitzende einen Aktenschrank eigens aufschließen muss, ist nicht erlaubt. Das gilt auch für Ersatzmitglieder, soweit sie tatsächlich mitwirken oder mitgewirkt haben.

Keine Zwei-Klassen-Mitgliedschaft

Zu beachten ist aber, dass diese eindeutige Rechtsprechung überwiegend aus einer analogen Zeit stammt. Das Gesagte gilt also direkt nur für papiergebundene Einsicht in staubige Aktenordner. Schon im Jahr 2009 hat das BAG jedoch entschieden, dass der Begriff »Unterlagen« auch E-Mails und sonstige elektronische Dateien umfasst (BAG, 12. 08. 2009 – 7 ABR 15/08).). Wenn sich das BAG erneut mit der Frage des Einsichtsrechts nach § 34 BetrVG befasst, wäre also eine deutliche Erweiterung zu erwarten. Aus rechtlicher Sicht gibt es damit keine Zwei-Klassen-Mitgliedschaft im Betriebsrat – in der Praxis kann das anders aussehen.

Lesetipp:

Mehr zum Einsichtsrecht der Betriebsratsmitglieder in Unterlagen und Protokolle des Betriebsrats lesen Sie in AiB:Assist im BetrVG-Online-Kommentar zu § 34 BetrVG (Sitzungsniederschrift) .

BAG, 27.07.2016 – 7 ABR 16/14Bastian Brackelmann, DGB Rechtsschutz GmbH
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