Arbeitszeugnis - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Freistellung als Betriebsrat darf im Arbeitszeugnis erwähnt werden

14. Februar 2014

Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, in einem qualifizierten Arbeitszeugnis zu verschweigen, dass der betreffende Mitarbeiter zur Ausübung seines Betriebsratsamtes die letzten Jahre vollständig freigestellt war.

Der Fall

Der Kläger ist seit 1998 bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt. Von 2005 bis 2010 war er seiner Eigenschaft als Mitglied des Betriebsrats von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch außerordentliche, fristlose Kündigung beendet. Nach Ausspruch der Kündigung bat der Arbeitnehmer um Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Die Arbeitgeberin erteilte ihm daraufhin ein Zeugnis, das unter anderem den folgenden Wortlaut enthielt: »Seit […] bis zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses war Herr V. von seiner beruflichen Tätigkeit aufgrund seiner Mitgliedschaft im Betriebsrat freigestellt. Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war in der Regel angemessen.«

Der Kläger hat die vollständige und ersatzlose Streichung des Zeugnisabsatzes gefordert, in dem seine Freistellung als Betriebsratsmitglied erwähnt ist. Ferner verlangte er, den letzten Satz des Zeugnisses durch die Formulierung: »Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war stets einwandfrei.« zu ersetzen.

In der ersten Instanz hatte der Kläger nur teilweise Erfolg. Das Arbeitsgericht verurteilte die Arbeitgeberin lediglich dazu, den letzten Zeugnissatz neu zu formulieren.

Die Entscheidung

Diese Rechtsauffassung hat das LAG Köln bestätigt. Nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung, der sich auch das LAG anschließt, ist die bloße Mitgliedschaft im Betriebsrat nur dann im Arbeitszeugnis zu erwähnen, wenn der Arbeitnehmer dies ausdrücklich wünscht.

Anders ist dies dann zu beurteilen, wenn ein Betriebsratsmitglied vollständig von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Denn Aussagen über Leistung und Führung in Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten sind nicht möglich, solange die primären arbeitsvertraglichen Pflichten suspendiert sind.

War der Arbeitnehmer nur während eines Teiles der Gesamtdauer seines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Betriebsratstätigkeit freigestellt, so führt deren ersatzloses Verschweigen entweder zu einem dem Grundsatz der Zeugniswahrheit widersprechenden verfälschenden Eindruck bei dem neutralen Zeugnisleser oder es entsteht eine bedenkliche, letztlich auch für den Arbeitnehmer selbst nachteilige Darstellungslücke.

Hinsichtlich der Beurteilung des Sozialverhaltens obliegt es der Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast aufzuzeigen, welche für den ehemaligen Mitarbeiter typischen Beanstandungen eine negative Abweichung von einem »stets einwandfreien Verhalten« rechtfertigen. Da die beklagte Arbeitgeberin vorliegend nichts darlegen konnte, was die Aussage des letzten Zeugnissatzes rechtfertigt, wiesen die Kölner Richter ihre Berufung zurück.

Quelle:
LAG Köln, Urteil vom 06.12.2013
Aktenzeichen 7 Sa 583/12

Folgen für die Praxis

Anmerkung von Carsten Schuld, DGB Rechtschutz GmbH

Die Entscheidung des LAG Köln ist meines Erachtens falsch, wenn auch verständlich. Die Richtigkeit von Zeugnissen ist wichtig und schützenswert. Wenn Zeugnisse nicht mehr als richtig gelten, sind sie als Dokumente für Bewerbungen wertlos. Doch Zeugnisse sollen auch wohlwollend sein. Das heißt in erster Linie, sie sollen das berufliche Fortkommen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers fördern. Und so traurig es ist, so ist es doch eine Tatsache: Eine frühere Betriebsratstätigkeit kann ein Hindernis bei einem neuen Arbeitgeber sein.

Betriebsratstätigkeit ist ein Ehrenamt, das viel Arbeit macht und für das Betriebsräte kein (extra) Gehalt bekommen. Sie dürfen aber vor allem keine Nachteile erleiden, ein wichtiger Grundsatz des Betriebsverfassungsrechts. Ein Hindernis für neue Bewerbung zu setzen ist aber ein großer Nachteil. Daher hätte die Güterabwägung des LAG Köln anders ausfallen müssen. Betriebsratstätigkeit gehört nicht ins Arbeitszeugnis, auch wenn sie mit längerer Freistellung verbunden ist.

Die Entscheidung ist daher für die Betriebsratsmitglieder in eigener Sache interessant. Dem Betriebsrat als Gremium kommt bei der Erstellung eines Zeugnisses kein Mitbestimmungsrecht zu. Bei Streitigkeiten um den Inhalt des Zeugnisses können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber im Wege der Beschwerde den Betriebsrat hinzuziehen.

Lesetipp der Online-Redaktion
»Zwischen den Zeilen lesen - Wissenswertes zum Thema Arbeitszeugnis« von Javier Davila Cano in »Arbeitsrecht im Betrieb« 1/2013, S. 52-54.

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