Arbeitslohn - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Pfändungsverbot für Nacht- und Feiertagszuschläge

06. März 2015

Schichtzulagen und Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit sind nicht pfändbar, entschied das LAG Berlin-Brandenburg. Setzt sich diese Rechtsprechung durch, könnte der pfändungssichere Lohnanteil vieler Arbeitnehmer spürbar steigen.

Insolventer Arbeitnehmer muss Lohn abtreten

Der Kläger ist bei dem beklagten Landkreis als Angestellter beschäftigt. Er hat im Rahmen eines Privatinsolvenzverfahrens seine pfändbaren Bezüge an eine Treuhänderin abgetreten.

Mit seiner Klage hat der Arbeitnehmer verlangt, dass ihm die tariflichen Wechselschichtzulagen zum Lohn sowie die Zuschläge für Nacht- und Feiertagsarbeit ausgezahlt werden. Er machte geltend, diese Lohnbestandteile seien nicht pfändbar.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat der Klage stattgegeben. Die Zulagen und Zuschläge seien unpfändbare Bezüge nach § 850a ZPO. Nach Ziffer 3 dieser Vorschrift sind unter anderem »Schmutz- und Erschwerniszulagen« unpfändbar.

LAG: Zeit-Zuschläge sind »Erschwerniszulagen«

Nach Ansicht des LAG gehören dazu auch Zulagen für Schichtarbeit und Zuschläge für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten. § 850a Nr. 3 ZPO unterscheide nicht zwischen verschiedenen Erschwernissen für den Arbeitnehmer.

Die »Erschwernis« im Sinne der ZPO könne auch in regelmäßig wechselnden Dienstschichten oder einer Arbeitsleistung in der Nacht oder an Feiertagen bestehen.

Dies führe zur Unpfändbarkeit von Schichtzulagen und von Zuschlägen für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten. Nach § 400 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB können unpfändbare Forderungen nicht abgetreten werden.

Neue Tendenz in der Rechtsprechung?

Mit dieser arbeitnehmerfreundlichen Auslegung von § 850a Nr. 3 ZPO hat das LAG Berlin-Brandenburg Neuland betreten und ist nach eigenen Angaben von der Rechtsprechung der anderen Landesarbeitsgerichte abgewichen.

Auch eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts in dieser Frage gebe es noch nicht. Aus beiden Gründen hat das Gericht die Revision zum BAG zugelassen.

Quelle:
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.01.2015
Aktenzeichen: 3 Sa 1335/14
LAG, Pressemitteilung Nr. 3/15 vom 18.02.2015

Folgen für die Praxis

Mit Anmerkungen von Bettina Fraunhoffer LL.M., DGB Rechtsschutz GmbH

Eine begrüßenswerte Entscheidung, die hoffentlich vom BAG bestätigt wird.

Grundsätzlich gilt, dass Lohn aus einem Arbeitsverhältnis bis auf einen Grenzbetrag hin pfändbar ist. Es gibt jedoch in der ZPO Ausnahmen, die in § 850a ZPO als sog. unpfändbare Bezüge aufgeführt sind. Danach darf nicht alles vom Arbeitslohn gepfändet werden. Bisher hatte das BAG den oben genannten Fall noch nicht zu entscheiden.

Es besteht jedoch die Hoffnung, dass das BAG sich an den bereits ergangenen Entscheidungen mehrerer Verwaltungsgerichte (vgl. VG Stuttgart, 11. 06.2012 – 3 K 878/12, VG Hannover, 15.06.2009 - 2 B 1717/09, u.a.) orientiert und die Rechtsfrage ebenso wie diese und das LAG Berlin- Brandenburg beurteilt.

Die Rechtsansicht des LAG zu bestätigen wäre auch richtig: Denn den Schichtzulagen und Zuschlägen für Nachtarbeit-, Sonntags- und Feiertagsarbeit steht ein mit einer Erschwernis verbundener Aufwand gegenüber.

Mit den Zuschlägen soll eine Mehrbelastung abgegolten werden. Somit müssen sie daher auch dem Arbeitnehmer im Einkommen zur Verfügung stehen und dem Pfändungsschutz unterliegen.

Dem Arbeitnehmer soll mit dem Grenzbetrag und den nicht pfändbaren Zulagen ermöglicht werden, seine Verschuldung zu beseitigen, jedoch zeitgleich aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt für sich und seine Familie zu sichern. Wir hoffen daher auf zustimmende Entscheidung des BAG.

Lesetipp der AiB-Redaktion:
»Wächter für den Mindestlohn« von Franz Josef Düwell in »Arbeitsrecht im Betrieb« 2/2015, S. 37-40.

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