Betriebsratsmandat

Kündigungsschutz des Ein-Personen-Betriebsrats

11. September 2018
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Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Der Arbeitgeber kann Betriebsratsmitglieder nur mit Zustimmung des Betriebsrats kündigen. Bei einem Ein-Mann-Betriebsrat ohne Ersatzmitglied entscheidet das Arbeitsgericht. Ersetzt das Gericht die Zustimmung, ist dies auch für eine Kündigungsschutzklage bindend. Von Jens Pfanne.

Der Arbeitgeber bietet Ausrüstung für Jäger und Sportschützen in verschiedenen Geschäften im Bundesgebiet an. In der Verkaufsstelle in Dortmund bestand für die dort tätigen Arbeitnehmer ein Betriebsrat aus einem einzigen Mitglied – Ersatzmitglieder wurden nicht gewählt.

Um dem Betriebsratsmitglied außerordentlich fristlos kündigen zu können, hat der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragt, die Zustimmung zur Kündigung zu ersetzen. Das Mitglied selbst hat er vorher nicht zu der beabsichtigten Kündigung angehört. Im Laufe des Verfahrens kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Gründe des Arbeitsgebers für eine außerordentliche Kündigung ausreichen und hat durch Beschluss die fehlende Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Dem Mitglied wurde vorgeworfen, eine Konkurrenztätigkeit ausgeübt zu haben. Daraufhin hat der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt.

Klage nach Kündigungserklärung

Die ausgesprochene Kündigung hat das Betriebsratsmitglied anschließend mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht angegriffen. Allerdings blieb auch dieses Verfahren ohne Erfolg und die Klage wurde abgewiesen. Die außerordentliche Kündigung war wirksam und das Arbeitsverhältnis war fristlos beendet.

Beschluss des Arbeitsgerichts ist bindend

Zur Begründung hat das Gericht darauf hingewiesen, dass bereits im Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung festgehalten wurde, dass ein wichtiger Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung vorlag und auch die Erklärungsfrist von zwei Wochen (§ 626 Abs. 2 BGB) eingehalten wurde. Die Entscheidung durch Beschluss ist auch im darauffolgenden Kündigungsschutzverfahren für das Arbeitsgericht bindend. Das klagende Betriebsratsmitglied hätte schon im Vorverfahren alle für ihn sprechenden Argumente vorbringen müssen. Neu vorgetragene Tatsachen wurden im späteren Prozess durch das Gericht nicht beachtet.

Anhörung ausnahmsweise nicht notwendig

Im Übrigen hätte der Arbeitgeber das einzige Betriebsratsmitglied auch nicht zu seiner eigenen Kündigung vorher anhören bzw. um Zustimmung anfragen müssen. Da der Betriebsrat nur aus einem Mitglied bestand und kein Ersatzmitglied gewählt wurde, konnte die Zustimmung direkt beim Arbeitsgericht beantragt werden. In diesem Fall existiert kein beteiligungsfähiger Betriebsrat. Das betroffene – einzige – Betriebsratsmitglied kann nicht beteiligt werden, da es von der Entscheidung selbst betroffen ist und daher aus rechtlichen Gründen verhindert ist.

Tipps für die Praxis

Die Kündigung von gewählten Mitgliedern des Betriebsrats stellen Arbeitgeber regelmäßig vor große Herausforderungen. Mit der Wahl in die Interessenvertretung genießen die Mitglieder für die Dauer des Mandats einen besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann nur aus einem wichtigen Grund kündigen, eine ordentliche Kündigung ist dagegen stets unwirksam. Vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ist die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrats zwingend notwendig (§ 103 BetrVG).

Betroffenes Mitglied stimmt nicht ab

Bei der Beratung und der Beschlussfassung nimmt das von der Kündigung betroffene Mitglied nicht teil, es gilt in diesem Fall als verhindert. An seine Stelle tritt ein gewähltes Ersatzmitglied. Kann der Betriebsrat auch mit den Ersatzmitgliedern nicht mehr voll besetzt werden, so sind die verbleibenden Mitglieder zu beteiligen. Alle übrigen Mitglieder des Betriebsrats können dann nach Beratung per Beschluss die Zustimmung erteilen oder verweigern. Sofern sich der Betriebsrat gar nicht äußert, gilt die Zustimmung als verweigert.

Antrag auf Zustimmungsersetzung

Wird die Zustimmung nicht erteilt, muss der Arbeitgeber noch innerhalb der Zweiwochenfrist die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht beantragen. In dem Verfahren sind neben dem Arbeitgeber, der Betriebsrat und das betroffene Mitglied zu beteiligen. Es sollte darauf geachtet werden, dass sämtliche entlastende Tatschen bereits in dem Beschlussverfahren vorgetragen werden. Wird die Zustimmung durch das Gericht rechtskräftig ersetzt, bestehen für eine folgende Kündigungsschutzklage nur noch geringe Erfolgsaussichten. Das Arbeitsgericht kann nur im absoluten Ausnahmefall von dem vorherigen Beschluss abweichen. Aus diesem Grund ist die Vertretung durch einen sachkundigen Interessenvertreter dringend anzuraten.

Jens Pfanne, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (25.04.2018)
Aktenzeichen 2 AZR 401/17
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters »AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat« vom 12.9.2018.
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