Mutterschutz

Kein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld für Tagesmutter

19. Juni 2018
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Quelle: © Kzenon / Foto Dollar Club

Einer Frau, die als selbständige Tagespflegeperson Kinder betreut und selbst Mutter wird, steht kein Anspruch auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz zu. Anspruch auf Elterngeld hat sie aber dennoch. Von Bettina Krämer.

Die schwangere Klägerin war als Tagespflegeperson in der Kindertagespflege tätig. Der beklagte Landkreis erteilte ihr als örtlich zuständiger Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe die Erlaubnis zur Betreuung von fremden Kindern. Die Betreuungszeiten wurden in Absprache zwischen der Klägerin und den Eltern festgelegt. Für die Betreuung gewährte der beklagte Landkreis der Klägerin laufende Geldleistungen nach § 23 SGB VIII.

Als die Tagesmutter selbst ein Kind bekommen hatte, verlangt sie vom Landkreis für den Zeitraum der Mutterschutzfristen (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt) die Zahlung von Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Sie meint, sie sei Arbeitnehmerin des beklagten Landkreises, jedenfalls sei sie als eine solche zu behandeln.

Ihr Anspruch ergebe sich bei unionsrechtskonformer Auslegung des Mutterschutzgesetzes, des § 23 SGB VIII sowie unmittelbar aus der Richtlinie 2010/41/EU.  Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.7.2010 betrifft die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben.

Das BAG lehnte die Klage ab. Die Tagesmutter ist keine Arbeitnehmerin des Landkreises, und zwar auch nicht im Sinne des Unionsrechts.

Tagesmutter- Was ist das eigentlich?

In Zeiten der knappen Krippen- und Kindergartenplätzen boomt die Tagespflege. Eine Tagespflegeperson ist eine Person, die fremde Kinder zu Hause oder in angemieteten Räumen gegen Entgelt betreut (§§ 22 ff., § 43 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII). In der Tagespflege sind überwiegend Frauen (»Tagesmütter«) tätig, aber auch Männer (»Tagesväter«) üben diesen Beruf aus.

Sie sind dabei selbständig tätig und schließen mit den Eltern einen privatrechtlichen Betreuungsvertrag. Dabei werden Tagesmutter oder Tagesvater von den Eltern bezahlt. In der Praxis erhalten sie oft zusätzlich einen Zuschuss des zuständigen Trägers der Jugendhilfe (Landkreis oder auch Stadt).  Oft schließen sich Tageseltern zusammen und bilden eine so genannte Großtagespflegestelle. Für diese gelten jedoch dieselben Vorschiften wie für einzelne Tagesmütter und -väter.

Tagesmutter ist keine Arbeitnehmerin

Das BAG hat entschieden, dass eine Tagesmutter keine Arbeitnehmerin des Trägers der Jugendhilfe ist. Zwar bekommen die Tagesmütter den Zuschuss des Amtes zumeist für zwei Wochen Krankheit und sechs Wochen Urlaub, aber dies macht sie nicht automatisch zu einer Arbeitnehmerin. Für das BAG war dies eindeutig. Die Klägerin verrichtet für den Landkreis nicht Tätigkeiten nach dessen Weisung. Sie hatte damit nicht den Status einer Arbeitnehmerin oder Heimarbeiterin.

Kein Anspruch aus EU-Recht

Die Klägerin versuchte, ihren Anspruch aus EU- Recht zu begründen. Aber auch aus der EU-Richtlinie  2010/41/EU vom 7.7.2010 ergibt sich kein unmittelbarer Anspruch auf die begehrte Zahlung, so das BAG. Mit der Richtlinie solle die Gleichbehandlung von Männern und Frauen hergestellt werden, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben. Aber die Richtlinie bestimme den Schuldner nicht hinreichend konkret. Einzelne Personen können sich damit nicht mit Erfolg auf eine unmittelbare Geltung von Art. 8 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie berufen – so das laut BAG.

 

Hinweis für die Praxis

Anspruch auf Elterngeld besteht

Bei den Leistungen innerhalb des Mutterschutzes nach der Geburt hat die Tagesmutter, obwohl ihr wohl kein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zusteht, dennoch einen »normalen« Anspruch auf Elterngeld. Dieses errechnet sich zumeist aus dem letzten Jahr des Einkommens der selbständigen Tätigkeit vor der Geburt.

Beim Mutterschutz vor der Geburt sieht dies anders aus. Als selbständige Tagesmutter kann man bis zur Geburt weiterarbeiten. Auch im Angestelltenstatus kann man als Schwangere auf den Mutterschutz vor der Geburt verzichten. Mutterschaftsgeld steht dabei der selbständigen Tagesmutter nicht immer zur, je nach Status ihn der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sollte genau geprüft werden.  

Klar ist nun nach der Entscheidung des BAG, dass es vor und nach der Geburt keinen zusätzlichen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld durch den Träger der Jugendhilfe gibt.

Bettina Krämer LL.M., DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (23.05.2018)
Aktenzeichen 5 AZR 263/17
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung vom 20.6.2018.
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