Probezeit

Keine Befristung durch die Hintertür

06. November 2017 Befristung, Probezeit
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Quelle: © bluedesign / Foto Dollar Club

Eine Probezeit von sechs Monaten ist grundsätzlich ausreichend, auch wenn es um eine Beförderung geht. Das Ziel, den Arbeitnehmer auf dem höheren Posten »weiter erproben« zu wollen, rechtfertigt keine weitere Befristung des Arbeitsvertrags.

Der Kläger ist seit 1.9.2014 als »Leiter Mechanische Fertigung sowie als Leiter Produktionsprozess/Lean-Management« beschäftigt. Eine Probezeit von sechs Monaten wurde vereinbart. Zwei Tage vor Ablauf der Probezeit, also Ende Feburar 2015, wurde mit dem Titel „Anstellungsvertrag“ eine weitere Befristung bis zum 30.9.2015 abgeschlossen. Im Juli 2015 erhielt der Kläger ein Schreiben, wonach man keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung über den 30.9.2015 hinaus sehe. Das Schreiben endete mit einer Zeile, in welcher sich der Name des Klägers sowie das Wort »Einverstanden« befand. Der Kläger unterzeichnete. Am 21.10.2015 hat er Klage zum Arbeitsgericht eingereicht. Darin wendet er sich gegen die Wirksamkeit der Befristung. Es meint, es sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Die Befristung aus dem Februar 2015 bedurfte seiner Meinung nach eines Grundes.

Keine zeitliche Befristung bei Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber

Eine wirksame zeitliche Befristung scheidet aus. Diese ist nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)). Der Kläger war bereits ab dem 1.9.2014 unbefristet beschäftigt. Daran ändert auch die vereinbarte Probezeit nichts. Die Befristung könnte aber wegen eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt sein.

Weitere Probezeit nach der Probezeit?

Im Allgemeinen wird eine Probezeit von sechs Monaten als ausreichend angesehen. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Längere Probezeiten sind gleichwohl möglich. Der Kläger wurde ab 1.9.2014 beschäftigt. Auch nach der Vereinbarung aus Februar 2015 sind die Arbeitsaufgaben gleich geblieben. Der Arbeitgeber konnte daher die Fähigkeiten des Klägers beurteilen. Anspruchsvolle, spezielle Aufgaben und eine verantwortungsvolle Position führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Regelung zur Wartezeit aus § 1 Abs. 1 KSchG sowie die verkürzte Kündigungsfrist während der Probezeit aus § 622 Abs. 3 BGB unterscheiden nicht zwischen speziellen und weniger speziellen Aufgaben. Es hätten ganz individuelle Besonderheiten vorliegen müssen (BAG 18.01.2017 - 7 AZR 236/15).

Auch Gründe in der Person des Arbeitnehmers aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG lagen nicht vor. Dazu hätte der Kläger den Wunsch nach einer befristeten Beschäftigung äußern müssen. Er hätte also statt eines unbefristeten nur ein befristetes Arbeitsverhältnis anstreben müssen. Dafür gab es vorliegend keine Anhaltspunkte.

Es lag auch kein sonstiger Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG vor. Die Aufzählung in § 14 Abs. 1 TzBfG ist nicht abschließend. Dies ergibt sich aus dem Wort „insbesondere“. Der Grund muss aber den in § 14 Abs. 1 TzBfG  zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen und im Vergleich zu den dort genannten Sachgründen vom Gewicht her gleichwertig sein (BAG 15.3.2015 - 7 AZR 115/13). Der Arbeitgeber sah einen Grund darin, dass die Befristung allein für die soziale Abfederung nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses bei einer nicht erfolgreichen Erprobung gedacht sei und damit gerechtfertigt sei. Dem folgte das Gericht nicht.

Befristung zeitlich oder mit Sachgrund

Die zeitliche Befristung ist für zwei Jahre möglich. Innerhalb dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis dreimal verlängert werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). In Tarifverträgen kann davon abgewichen werden. Sachgrundbefristungen sind nahezu unbegrenzt möglich. Die häufigsten Fälle sind Krankheits- oder Elternzeitvertretungen sowie der Einsatz für Projekte. Die Klage auf Entfristung muss nach § 17 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende der Befristung eingereicht werden. Es wird immer der letzte befristete Vertrag auf die Wirksamkeit der Befristung hin geprüft.

Praxistipp

Der Betriebsrat kann die Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn die Einstellung einen Nachteil für einen bereits befristeten und gleich geeigneten Beschäftigten darstellt (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)). Der Betriebsrat sollte daher genau darauf achten, wer schon befristet beschäftigt wird und vor der unbefristeten Einstellung eines externen Bewerbers entfristet werden könnte.

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Köln (30.06.2017)
Aktenzeichen 4 Sa 939/16
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters »AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat« vom 8.11.2017.
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