Ermessen

Kleider machen Leute, aber keine Prüfungsnoten

02. April 2020 Prüfung, Verwaltung, Ermessen
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Quelle: contrastwerkstatt_Dollarphotoclub

Hat die Kleidung einen direkten Bezug zum Berufsfeld, darf der Aufzug eines Prüflings bei einer mündlichen Prüfung in die Notengebung eingehen. Ohne Bezug zum Beruf ist die Berücksichtigung der Kleidung ermessensfehlerhaft, so das VG Berlin.


Eine Studentin des Masterstudiengangs »Recht für die Öffentliche Verwaltung« in Berlin hatte im Vorfeld einer mündliche Prüfung für die »Kategorie Präsentationsweise (Vortrag)« wie alle Prüflinge den Hinweis erhalten, dass ein dem Charakter der Prüfung angemessener Kleidungsstil erwartet werde. Dies wurde in einer weiteren E-Mail wie folgt präzisiert: Ein der Prüfung angemessenes, dezentes und ansprechendes Kleidungsbewusstsein. Diese werde mit bewertet. Kurz darauf teikte die Dozentin mit, sie verzichte angesichts der Temperaturen auf einen streng formalen, geschäftlichen Dress-Code, erwarte jedoch Kleidung, die dem Anlass entsprechend ansprechend und gepflegt sei

Die Klägerin erreichte die Note 1,7, mit Punktabzug in der Präsentationskategorie, weil sie Jeans und ein gepunktetes Oberteil getragen hatte, was die Dozentin als Freizeitkleidung identifizierte. Die Studentin hätte aus Sicht der Dozentin »auf eine weiße Leinenhose und Black Shirt mit Ethnokette oder einem lieblichen oder auch strengen Blouson zurückgreifen oder auch ein Top mit elegantem Kurzjackett« tragen können.

Das VG Berlin hat die Beklagte dazu verpflichtet, der Klägerin ein neues Abschlusszeugnis mit Note 1,3 zu bewerten, also der erbrachten Leistung entsprechend.

Nach Auffassung des VG war der Punktabzug aufgrund der aus Sicht der Dozentin unangemessenen Kleidung bewertungsfehlerhaft. Zwar sei es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bei einer Prüfungsleistung die Kleidung als Kriterium zu werten. Aber nur bei solchen Prüfungen, in denen die Kleidung selbst Prüfungsgegenstand oder bei offensichtlichem Bezug zum Prüfungsgegenstand, etwa beim Fach Modedesign oder wenn Sicherheitskleidung Prüfungsrelevant sei. 

Hier habe die Maßgabe an die Studierenden aber lediglich dahingehend gelautet, eine dem Charakter der Prüfung angemessene Kleidung zu tragen. Was das genau bedeute, sei ungewiss, Die Kleiderwahl der Studierenden lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, dass dieses sich unangemessen gekleidet hätte, so das VG, das die Berufung zum OVG Berlin-Brandenburg zugelassen hat. 

© bund-verlag.de (mst)

 

Quelle

VG Berlin (19.02.2020)
Aktenzeichen 12 K 529.18
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