Arbeitsentgelt - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Nachtzuschläge für Betriebsratsarbeit in der Tagschicht

14. Februar 2014

Freigestellte Betriebsratsmitglieder können auch dann Nachtzuschläge zum Lohn erhalten, wenn sie ihre Aufgaben nach dem BetrVG nicht tatsächlich nachts wahrnehmen. Entscheidend ist, dass vergleichbare Arbeitnehmer Nachtzuschläge erhalten haben und das Betriebsratsmitglied ohne seine Betriebsratstätigkeit ebenfalls in der Nacht gearbeitet hätte.

Leitsätze des Gerichts

  1. Nachtzuschläge können auch dann zu dem nach § 37 Abs. 2, 4 BetrVG bei Arbeitsbefreiung für Betriebsratstätigkeiten zu zahlenden Entgelt gehören, wenn das Betriebsratsmitglied die Amtstätigkeiten nicht innerhalb des zuschlagspflichtigen Zeitrahmens ausgeübt hat.

  2. Ein Anspruch auf die Nachtzuschläge besteht, wenn und soweit vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit in dem maßgeblichen Zeitraum Nachtzuschläge erhalten haben und auch das Betriebsratsmitglied diese ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit verdient hätte.

LAG Köln, Urteil vom 13.12.2013 - 12 Sa 682/13

Folgen für die Praxis

Anmerkung von Bettina Fraunhoffer LL.M.,  DGB Rechtsschutz GmbH

Der Vorsitzende des Betriebsrates und der Arbeitgeber stritten um die Bezahlung von Nachzuschlägen. Zwischen Ihnen galt der Tarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen, der die Bezahlung von Nachtzuschlägen tariflich vorsah.

Der klagende Betriebsrat war zuerst in der Zeit von 4.00 Uhr bis 12.30 Uhr beschäftigt und erhielt Nachtzuschläge. Als er zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt wurde, vereinbarten Arbeitgeber und Betriebsrat die Freistellung in Höhe von 3,5 Wochenstunden. Zeitgleich wurde der Arbeitsbeginn auf 6.00 Uhr verschoben, um den Arbeitnehmern, die ein Anliegen an den Betriebsratsvorsitzenden haben, eine bessere Kontaktaufnahme zu ermöglichen.

Nach der Freistellung wollte der Arbeitgeber allerdings die Nachtzuschläge, die der Arbeitnehmer vor der Änderung der Arbeitszeit erhalten hatte, nicht länger bezahlen. Der Arbeitgeber argumentierte damit, dass der Betriebsrat die Zuschläge ja tatsächlich mit Arbeitsbeginn um 6.00 Uhr auch nicht erhalten hätte. Der Betriebsrat machte die Zahlung gerichtlich geltend und gewann in zweiter Instanz.

Grundsätzlich gilt, dass nach § 37 Abs. 2 BetrVG ein Betriebsratsmitglied von seiner beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts, soweit erforderlich, zu befreien ist. Die Befreiung war vorliegend erteilt worden, allerdings wurde sein Arbeitsentgelt durch die Einstellung der Nachtzuschläge gemindert. Dem Betriebsratsmitglied steht jedoch das Arbeitsentgelt zu, das dieser ohne Freistellung verdient hätte. Zum Arbeitsentgelt gehören neben dem Grundlohn eben auch Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Erschwerniszulagen.

Zwar hätte der Betriebsratsvorsitzende tatsächlich nicht während der zuschlagspflichtigen Zeiten- bis 6 Uhr- gearbeitet, aber er kann Entgelt für fiktive Arbeitszeiten verlangen. Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung.

Das Betriebsratsmitglied soll so gestellt werden, als ob es im Betrieb weitergearbeitet hätte. Die dabei vorgenommene hypothetische Betrachtung ergibt, dass dem Betriebsratsvorsitzenden die Nachtzuschläge zustanden. Es wurde alleine wegen der Betriebsratstätigkeit die Arbeitszeit geändert, so dass die hierdurch entstandenen Nachteile auszugleichen sind. Daher gewann der Betriebsratsvorsitzende.

§ 37 BetrVG ist eine wichtige Vorschrift, die es zu schützen lohnt. Diese normiert ein Verbot der Minderung von Arbeitsentgelt von Betriebsräten. Damit wollte der Gesetzgeber das Betriebsratsmandat schützen und die Bereitschaft zur Übernahme fördern. Einkommenseinbußen aufgrund der Wahrnehmung des Ehrenamtes sollten daher nie vom Betriebsrat hingenommen werden.

Vom Arbeitgeber aufgrund der Arbeitsbefreiung nicht mehr bezahlte Entgeltbestandteile sollten eingeklagt werden, damit auch der in § 37 BetrVG durch den Gesetzgeber normierten Schutz in der Praxis tatsächlich nicht vom Arbeitgeber unterlaufen wird.

Vor allem bei einer sehr langjährigen vollen Freistellung stellt es häufig ein Beweisproblem für das Betriebsratsmitglied dar, dar, wer die vergleichbaren Arbeitnehmer sind und was bzgl. des Arbeitsentgeltes eine betriebsübliche Entwicklung ist, jedoch darf und soll der Betriebsrat wegen seiner Tätigkeit nicht benachteiligt werden. Hierfür zu kämpfen ist richtig und sinnvoll.

Lesetipp der AiB-Redaktion:

»Das Projekt „Gesündere Schichtarbeit“ – So kann es gelingen!« von Karl-Hermann Böker in »Arbeitsrecht im Betrieb (AiB)« Ausgabe 12/2011, S. 739 -745.

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