Work-Life-Balance

Neues Gesetz zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

15. Juni 2022
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Quelle: © Kzenon / Foto Dollar Club

Das Bundeskabinett hat am 8. Juni 2022 einen Gesetzesentwurf beschlossen, um die europäische Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige in deutsches Recht umzusetzen. Frist für die Umsetzung ist August 2022. Doch das geplante Gesetz bleibt hinter den Erwartungen zurück.

Schon jetzt gibt es in Deutschland verschiedene Gesetze, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen und die Situation für Familien mit Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen zu verbessern: das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG).

Der neue Gesetzesentwurf enthält vor allem Regelungen, die diese bereits bestehenden Gesetze geringfügig anpassen. Außerdem sieht er eine Anpassung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vor, die allerdings ebenfalls hinter Erwartungen und Möglichkeiten zurückbleibt.

Neuerung: Einbeziehung der Kleinbetriebe

Das sind die wichtigsten Inhalte des neuen Gesetzes:

  • Anpassung des BEEG: Arbeitgeber müssen künftig unabhängig von der Betriebsgröße die Ablehnung eines Antrags auf Arbeitszeitverringerung in der Elternzeit begründen.
  • Anpassung des PflegeZG und des FPfZG: Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit oder Familienpflegezeit besteht erst ab einer bestimmten Betriebsgröße (Pflegezeit ab 16 Beschäftigten, Familienpflegezeit ab 26 Beschäftigten). Beschäftigte in Kleinbetrieben haben keinen gesetzlichen Anspruch. Dort sollen Arbeitgeber und Beschäftigte nach dem neuen Gesetz eine (Familien-)Pflegezeit künftig per Antragsverfahren vereinbaren können. Arbeitgeber müssen dann innerhalb von vier Wochen über Anträge auf den Abschluss einer Vereinbarung über eine (Familien-)Pflegezeit entscheiden. Im Falle der Ablehnung müssen sie dies begründen. Wird eine Freistellung vereinbart, finden die Vorschriften und Rechtsfolgen des PflegeZG und des FPfZG Anwendung – etwa der Kündigungsschutz während der Freistellung.
  • Anpassung des AGG: Die Zuständigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird erweitert. Sie soll künftig Ansprechpartner für Eltern und pflegende Angehörige werden, die sich infolge der Beantragung oder Ausübung ihrer Rechte als Eltern oder Pflegende benachteiligt fühlen.

Kritik: Keine echte Verbesserung

Der vorgelegte Gesetzesentwurf ändert letztlich nicht viel an der schon jetzt bestehenden Rechtslage. Er setzt um, was die EU-Richtlinie verlangt – aber eben auch nicht mehr.

Zwar werden künftig die Kleinbetriebe einbezogen, die bisher von den Regelungen der Pflegezeit und Familienpflegezeit ausgenommen waren. Doch Kritiker bezweifeln, dass den Beschäftigten in Kleinbetrieben damit wirklich geholfen ist. Denn Arbeitgeber müssen Anträge auf eine (Familien-)Pflegezeit oder auf eine Arbeitszeitverringerung in der Elternzeit künftig zwar zwingend begründen. Doch der Entwurf regelt nicht, welche Folgen die Verletzung des Begründungsanspruchs der Beschäftigten hat, etwa wenn Arbeitgeber die Ablehnung nicht wirklich sachlich begründen.

Und auch der Ausbau des Diskriminierungsschutzes gelingt laut Kritikern nicht. Das AGG wird durch das neue Gesetz nicht wirklich familienfreundlicher. Das Betroffene mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes einen Ansprechpartner bekommen, ist zwar erfreulich. Doch Betroffenen hätte besser geholfen werden können, wenn der Merkmalskatalog der verbotenen Benachteiligungen des § 1 AGG erweitert worden wäre – z. B. um das Merkmal der »familiären Fürsorgeverantwortung«. Auf diese Weise wären Nachteile – z. B. ein Übergehen bei Beförderungen, das Zuweisen geringerwertiger Aufgaben oder auch das Aussortieren von Eltern und pflegenden Angehörigen im Bewerbungsverfahren – besser lösbar geworden.

© bund-verlag.de (fk)

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