Betriebsratswahl

Sitzverteilung im Betriebsrat ist verfassungsgemäß

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Quelle: Eva Kahlmann_Dollarphotoclub

Das Zuteilungsverfahren für die Sitze im Betriebsrat, das die Wahlordnung zum BetrVG vorschreibt, ist verfassungsgemäß. Unterlegene Bewerber können die Wahl nicht anfechten, weil sie nach einer anderen Berechnungsmethode einen Sitz im Betriebsrat erhalten hätten – so das BAG.

Eine gute Nachricht für Betriebsräte und Wahlvorstände: Das so genannte d´Hondtsche Höchstzahlverfahren, mit dem nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 der Wahlordnung (WO-BetrVG) die Wählerstimmen in Betriebsratssitze umgerechnet werden, ist verfassungsgemäß.

Klage gegen Zuteilungsverfahren

Gegen die Anwendung dieses Verfahrens hatten unterlegene Bewerber geklagt: Im Betrieb der Arbeitgeberin fand im Mai 2014 eine Betriebsratswahl statt, bei der ein aus 17 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt wurde. Die Liste V erhielt 557 Stimmen, die Liste D 306 Stimmen und die Liste H 279 Stimmen.

Die Sitzverteilung wurde nach dem d´Hondtschen Höchstzahlverfahren vorgenommen. Danach entfielen auf die Liste V neun Sitze und auf die Listen D und H jeweils vier Sitze. Die antragstellenden Arbeitnehmer haben die Wahl angefochten. Sie meinen, das in der Wahlordnung vorgesehene d´Hondtsche Höchstzahlverfahren sei verfassungswidrig, da es kleinere Gruppierungen benachteilige.

Bei einer Verteilung der Sitze nach dem Verfahren Hare/Niemeyer oder dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers hätte die Liste D fünf Sitze und die Liste V acht Sitze erhalten. Alle drei Verfahren finden Anwendung bei Wahlen.

Sitzverteilung im Betriebsrat

§ 15 WO BetrVG regelt das Verfahren, mit dem bei der Betriebsratswahl die abgegebenen Stimmen in Sitze für die zur Wahl stehenden Listen umgerechnet werden. Im Gegensatz zu Parlamentswahlen kennt die Betriebsverfassung keine Überhangmandate, daher ist die gesetzliche Mitgliederzahl maßgeblich (§ 9 BetrVG). Das Verfahren, das § 15 Abs. 1 und 2 WO BetrVG festgelegt ist, wird als d´Hondtsches Höchstzahlverfahren bezeichnet. Namensgeber ist der belgische Jurist Victor D´Hondt (1841-1901), der ein Verfahren zur Berechnung der Sitze bei Verhältniswahlen entwickelte.

Wechselnde Verfahren bei der Bundestagswahl

Das D´Hondt-Verfahren wurde bis 1983 auch verwendet, um auf der Basis der Zweitstimmen die Sitzverteilung der Parteien im Deutschen Bundestag zu ermitteln. Weil das alte Verfahren die Parteien mit kleinerem Stimmanteil benachteiligte, wurde von 1987 bis 2005 bei den Bundestagswahlen das Hare-Niemeyer-Verfahren angewandt. Das Verfahren geht auf den britischen Rechtsanwalt Thomas Hare (1806-1891) und dem deutschen Mathematiker Horst F. Niemeyer (1931-2007) zurück. Seit 2009 wird bei Bundestags- und Europawahlen das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers angewandt, das nach dem französischen Mathematiker André Sainte-Laguë (1882-1950) und dem Physiker Hans Schepers (geb. 1928) benannt ist.

D´Hondt-Verfahren verstößt nicht gegen Grundgesetz

Der Antrag blieb beim Bundesarbeitsgericht (BAG) - wie bereits in den Vorinstanzen - ohne Erfolg (so auch in den Vorinstanzen, vgl. LAG Sachsen-Anhalt, 5.4.2016 - 6 TaBV 19/15). Das BAG entschied, dass die Anordnung in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 WO BetrVG verfassungsgemäß ist, zur Verteilung der Betriebsratssitze das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren zu verwenden. Darin liegt kein Verstoß gegen den Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) folgenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch gegen die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit.

Vollständige Gleichheit lässt sich nicht erreichen

Bei der Umrechnung von Wählerstimmen in Betriebsratssitze lässt sich bei der Verhältniswahl eine vollständige Gleichheit des Erfolgswertes einer Wählerstimme mit keinem der gängigen Sitzzuteilungsverfahren erreichen, da nur ganze Sitze verteilt werden können.

Daher fällt die Entscheidung, wie die Sitzverteilung vorzunehmen ist, in den Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers. Das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren fördert zudem der Sicherung von Mehrheiten. Damit dient das Verfahren einem unter Berücksichtigung der Funktion der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretung anzuerkennenden Ziel.

Lesetipps:

Zehn wichtige Fragen rund um die Betriebsratswahl beantwortet Ihnen unsere Rubrik:

Betriebsrat > Betriebsratswahl > Basiswissen

Quelle

BAG (22.11.2017)
Aktenzeichen 7 ABR 35/16
BAG, Pressemitteilung Nr. 53/17 vom 22.11.2017
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