Kündigung

Urlaubsplan bindet Arbeitgeber

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Quelle: © MH / Foto Dollar Club

Ordnet der Arbeitgeber an, dass alle Beschäftigten ihren Urlaub zu Jahresbeginn in einen Urlaubsplan eintragen, können diese sich darauf verlassen, dass ihr Urlaub wie gemeldet genehmigt wird. Sofern der Arbeitgeber nicht rechtzeitig widerspricht. Von Margit Körlings.

Kündigung wegen Selbstbeurlaubung

Eine Arbeitnehmerin hatte für die Zeit vom 21.08.2017 bis 08.09.2017 Urlaub im Urlaubsplan eingetragen. Vom 31.07.2017 bis 25.08.2017 (Freitag) war sie arbeitsunfähig erkrankt. Am Montag den 25.08.2017 erschien sie nicht zur Arbeit. Einen genehmigten Urlaubsantrag gab es nicht.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Er ist der Auffassung, sie habe den Urlaub eigenmächtig angetreten. Eine Genehmigung habe es nicht gegeben. Nur ein Urlaubsplan sei vorhanden. Dies sei nicht ausreichend.

Arbeitgeber erlässt Urlaubsordnung

Der Arbeitgeber regelt in einer »Dienstordnung« das Procedere zum Antrag, die Planung und die Nachweisführung von Urlaub. Bis zum 31. Januar des Kalenderjahres müssen die Urlaubswünsche von Urlauben über 5 Arbeitstagen in einen Urlaubsplan eingetragen werden. Der Antritt des Urlaubs als solcher darf erst nach vorheriger Genehmigung erfolgen. Dazu gibt es einen Vordruck. Dieser enthält den Urlaubszeitraum, die Anzahl der genommenen, beantragen und verbleibenden Tage. Weiterhin gibt es Spalten zu »Urlaubsvertretung« und drei Unterschriftenspalten für »Antragsteller«, »befürwortet« und »genehmigt«. Der Antrag muss mindestens eine Woche vor Urlaubsantritt gestellt werden.

Niemals Urlaub eigenmächtig antreten

Der eigenmächtige Urlaubsantritt kann sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Denn wer den Urlaub ohne Genehmigung des Arbeitgebers nimmt, bleibt dem Arbeitsplatz ohne Grund fern. In diesem Fall hat das Arbeitsgericht Chemnitz die Kündigung für unwirksam erklärt, weil nach Ansicht des Gerichts keine verbotene Selbstbeurlaubung vorlag.

Der Urlaub der Klägerin ab dem 28.08.2017 war bereits durch die Eintragung in den Urlaubsplan wirksam erteilt, weil die Arbeitgeberin nicht in einer angemessenen Frist widersprochen hatte, so das Gericht.

Die vom Arbeitgeber einseitig festgesetzten Regeln für die Beantragung und den Nachweis von Urlaub, insbesondere die Pflicht, jeden Urlaub nach Eintragung noch einmal genehmigen zulassen, unterliegen als allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle.

Einseitige Geschäftsbedingungen sind überprüfbar

Nach §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn sie in einer Vielzahl von Fällen vorformuliert von der einen Vertragspartei der anderen Vertragspartei gestellt werden. Dies muss einseitig geschehen. Die hier aufgestellten Grundsätze sind nicht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung enthalten. Sie sind daher nicht von der Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB ausgenommen.

Nach § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, ihrer Berücksichtigung stehen dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorzug verdienen, entgegen.

Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, wie die betriebliche Urlaubsplanung und das Genehmigungsverfahren generell ablaufen müssen. Die Aufstellung des Urlaubsplans ersetzt grundsätzlich nicht den individuellen Urlaubsantrag und dessen Genehmigung. Allerdings kann der vom Arbeitgeber angeordnete Urlaubsplan nicht völlig belanglos sein. Die Arbeitnehmer müssen auch eine gewisse Planungssicherheit haben.

Genehmigungsvorbehalt ist rechtswidrig

Der Genehmigungsvorbehalt von einer Woche ist mit § 7 Abs. 1 BUrlG nicht vereinbar. Damit würden die betrieblichen Interessen über die Gebühr berücksichtigt.

Verlangt der Arbeitgeber von den Arbeitnehmern zu Beginn des Jahres die Äußerung zu Urlaubswünschen in einem Urlaubsplan, so haben die Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber innerhalb einer angemessenen Zeitspane dem Wunsch widerspricht, wenn er diesen so nicht akzeptieren will. Ein Monat sollte dafür genügen. Bis dahin muss sich der Arbeitgeber geäußert haben.

Nur bei völlig unvorhergesehenen betrieblichen Ereignissen ist es dem Arbeitgeber erlaubt, den Urlaub einseitig zu widerrufen. Dann muss er aber auch gegebenenfalls für den Ersatz von Aufwendungen übernehmen, insbesondere die Kosten für Umbuchungen oder Stornierungen.

Vorliegend ist wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Dienstordnung mit den Anweisungen zur Beantragung und zur Nachweisführung von Urlaub unwirksam.

Praxistipp

Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, in einer Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber Urlaubsgrundsätze auszuhandeln. Er hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht. In die Urlaubsgrundsätze kann die Reihenfolge der Urlaubswünsche mit einfließen, die Belange der Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern ebenso wie andere betriebliche Besonderheiten. Der Betriebsrat ist nach dieser Vorschrift auch zu beteiligen, wenn sich Arbeitnehmer untereinander über die zeitliche Lage des Urlaubs streiten und keine Einigung zwischen diesen und dem Arbeitgeber nicht möglich ist.

Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

ArbG Chemnitz (29.01.2018)
Aktenzeichen 11 Ca 1751/17
Diese Entscheidungsbesprechung ist Teil des Newsletters »AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat« vom 21.3.2018.
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