Arbeitsvertrag

Zu spät wegen Schneechaos

14. Januar 2019
Schnee Auto Verkehr Schneechaos VW Käfer
Quelle: www.pixabay.com/de

Glatte Straßen, dichtes Schneetreiben und immer wieder eingeschneite Dörfer - bei winterlichem Verkehrschaos wie derzeit kommen viele Arbeitnehmer zu spät zur Arbeit. Was das arbeitsrechtlich heißt und wie Sie als Betriebsrat die Rechtslage für ihre Kollegen verbessern können, erfahren Sie hier.

Müssen Beschäftigte auch bei Schneechaos pünktlich zur Arbeit kommen?

Im Prinzip ja. Der Arbeitnehmer trägt das sogenannte Wegerisiko. Er muss dafür sorgen, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint. Verspätungen in Folge von Glatteis, Schnee oder umgestürzten Bäumen gehen zu Lasten des Arbeitnehmers. Dieser muss gerade im Winter alles Zumutbare tun, um pünktlich bei der Arbeit zu sein. Dazu gehört, dass er morgens früher losfahren muss, wenn abzusehen ist, dass Schnee oder Eis den Verkehr und damit seine Anfahrt zum Arbeitsort behindern könnten.

Kann der Arbeitgeber für die nicht gearbeitete Zeit den Lohn einbehalten?

Theoretisch ja. Da der Arbeitnehmer das Wegerisiko trägt, muss er damit rechnen, dass der Arbeitgeber für die nicht gearbeitete Zeit den Lohn einbehält. Auch wenn der Arbeitgeber in der Regel kulant ist und selten zu dieser Maßnahme greifen wird, sollte jeder wissen, dass der Arbeitgeber gemäß dem Grundsatz »Ohne Arbeit – kein Lohn« zu diesem Mittel greifen könnte.

Einzige Ausnahme von dem Prinzip sind »in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe«, die den Arbeitnehmer ohne sein Verschulden daran hindern, seine Arbeit zu tun. Dazu gehören Verkehrsunfälle auf dem Weg zur Arbeit. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber trotz Verspätung den Lohn nicht einbehalten.

Kommt ein Mitarbeiter wegen schlechten Wetters zu spät oder gar nicht zur Arbeit, ist das aber kein „»in seiner Person liegender Grund« – folglich hat er keinen Anspruch auf Lohn. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits 1982 entschieden (BAG 8.9.1982 - 5 AZR 283/80).

Kann der Arbeitgeber Beschäftigte zwingen, die versäumte Zeit am selben Tag nachzuarbeiten?

Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass ein verspätet eingetroffener Mitarbeiter am selben Tag länger in der Arbeit bleibt. Schließlich können nicht alle Arbeitnehmer ihren Feierabend spontan nach hinten schieben – etwa wenn sie mit anderen eine Fahrgemeinschaft bilden oder Kinder aus der Kita abholen müssen. In diesem Fall kann der Arbeitgeber aber den Lohn kürzen.

Können Arbeitgeber wegen Zuspätkommens eine Kündigung aussprechen?

Grundsätzlich ja. Allerdings muss zunächst immer eine Abmahnung ausgesprochen werden. Und eine Verspätung wegen Schneechaos wird nur im Extremfall überhaupt zur Abmahnung berechtigen, etwa wenn der Mitarbeiter an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen ohne Absprache mehrere Stunden zu spät kommt und das jedes Mal wieder mit dem Wintereinbruch rechtfertigt. Nicht planbare Ereignisse wie plötzlich einsetzender starker Schneefall rechtfertigen übrigens nach gängiger Rechtsprechung niemals eine Abmahnung.

Könnten Betriebsräte irgend etwas tun?

Ja durchaus. Es ist nämlich möglich, in einer Betriebsvereinbarung die Rechtslage zu Gunsten der Beschäftigten deutlich zu verbessern. Es wäre möglich zu regeln, dass Arbeitsausfälle bei Naturkatastrophen dem Gleitzeitkonto gutgeschrieben werden. Damit trägt der Arbeitnehmer nicht mehr wirklich das Wegerisiko, ihm kann weder eine Abmahnung noch ein Lohneinbehalt drohen. Allerdings wird die ausgefallene Arbeitszeit wie Gleitzeit behandelt.

Lesetipp:

Tipps für eine Betriebsvereinbarung finden Sie in »Gute Arbeit« Heft 9/2016, Seite 40.

© bund-verlag.de (fro)

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