Wiedervereinigung

Berechnung der Rente von DDR-Flüchtlingen

30. Januar 2013

Für übergesiedelte ehemalige DDR-Bürger ab Jahrgang 1937 gilt das Sozialgesetzbuch VI und nicht das Fremdrentengesetz. Die im Zuge der Wiedervereinigung durch die Rentenüberleitungsvorschriften erfolgte Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß.

Der Fall:

Der 1947 geborene Kläger war in der ehemaligen DDR als Ingenieur und Betriebsleiter tätig. In Folge seines Ausreiseantrags war er nur noch mit Hilfsarbeitertätigkeiten beschäftigt. Nach seiner Ausreise 1989 ging er 20 Jahre lang einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik nach. Bei seiner Altersrente bewertete die beklagte Rentenversicherung die im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach den tatsächlich mit rentenrechtlichen Beiträgen belegten Entgelten. Das Fremdrentengesetz sei nicht anwendbar.

Der Mann klagte hiergegen mit der Begründung, dies verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip, den Gleichheitsgrundsatz sowie die grundrechtlich geschützte Eigentumsgarantie.

Die Entscheidung:

Das Hessische Landessozialgericht gab der Rentenversicherung Recht.

Die Richter bezogen sich bei der Entscheidungsfindung auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 14.12.2011 (Urteil - B 5 R 36/11 R). Hiernach gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, das Fremdrentenrecht für nach 1936 geborene Flüchtlinge und Übersiedler heranzuziehen.

Die Wiedervereinigung hat eine Neuregelung des im Fremdrentengesetz geregelten Kriegsfolgenrechts und eine rentenrechtliche Einheit in West- und Ostdeutschland erforderlich gemacht. Wie im Gebiet der Bundesrepublik bereits vor dem Beitritt sollen auch für Zeiten im Beitrittsgebiet vorrangig die tatsächlich entrichteten individuellen Beiträge maßgebend für die Rentenberechnung sein.

Eine fiktive Bewertung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach dem Fremdrentengesetz anhand der Durchschnittsentgelte der alten Bundesländer hat damit ihre Legitimation verloren. Die in Folge des Einheitsvertrages mit der Abschaffung der Anwendung des Fremdrentenrechts aus Vertrauensschutzgründen eingeführte Stichtagsregelung für "rentennahe Jahrgänge" ist nicht verfassungswidrig.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 256 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
(1) Für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 werden Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. [...]

(2) Als Verdienst zählen der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (...) gezahlt worden sind. [...]

§ 259 a SGB VI (Stichtagsregelung)
(1) Für Versicherte, die vor dem 1. Januar 1937 geboren sind und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 oder, falls sie verstorben sind, zuletzt vor dem 19. Mai 1990
1. im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten oder
2. im Ausland hatten und unmittelbar vor Beginn des Auslandsaufenthalts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet hatten, werden für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19. Mai 1990 anstelle der nach den §§ 256 a bis 256c zu ermittelnden Werte Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz ermittelt; [...].

Quelle:

Hess. LSG, Urteil vom 18.01.2013
Aktenzeichen: L 5 R 144/12 ZVW
Hess. LSG-online

© bund-verlag.de - (ts)

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