Keine Gesetzeslücke

Vertrauensperson wird nicht zum Konzernschwerbehindertenvertreter

29. Mai 2013

Eine Konzernschwerbehindertenvertretung ist nicht schon dann zu errichten, wenn innerhalb eines Konzernunternehmens nur in einem von mehreren Betrieben eine Schwerbehindertenvertretung gewählt ist. § 97 Abs. 2 SGB IX kann - mangels planwidriger Gesetzeslücke – nicht dahingehend ausgelegt werden.

Der Fall:
Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft. In dem Unternehmen – das zu einem Konzern gehört - bestehen mehrere Betriebe. In dem Konzern ist ein Konzernbetriebsrat gebildet worden. Ein Gesamtbetriebsrat existiert nicht. Ebenso wenig existiert eine Gesamtschwerbehindertenvertretung.

In lediglich einem Betrieb wurde eine Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt. Dieser meint, zugleich die Konzernschwerbehindertenvertretung zu sein. § 97 Abs. 2 SGB IX sei so zu verstehen, dass eine Konzernschwerbehindertenvertretung zwingend zu errichten sei, wenn für mehrere Unternehmen ein Konzernbetriebsrat bestehe. Es komme nicht darauf an, ob darüber hinaus eine Gesamtschwerbehindertenvertretung oder nur eine örtliche Schwerbehindertenvertretung gewählt ist.

Die Entscheidung:
Diese Rechtsauffassung hat das LAG Hamburg so nicht bestätigt.

§ 97 Abs. 2 SGB IX regelt nicht den Fall, dass - wie hier- ein Konzernunternehmen zwar aus mehreren Betrieben besteht, aber nur in einem Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung existiert und keine Gesamtschwerbehindertenvertretung gebildet ist.

Der Wortlaut des § 97 Abs. 2 SGB IX ist insoweit eindeutig. Eine andere Auslegung, wie sie die Vertrauensperson vornimmt, würde dem gesetzgeberischen Willen widersprechen. Insbesondere besteht keine planwidrige Gesetzeslücke. Dies zeigt § 97 Abs. 1 SGB IX, wonach, wenn eine Schwerbehindertenvertretung nur in einem Betrieb gewählt ist, diese Schwerbehindertenvertretung auch die Rechte der Gesamtschwerbehindertenvertretung wahrnimmt. Dies allerdings nur, wenn im Unternehmen ein Gesamtbetriebsrat gebildet ist.

Damit hat der Gesetzgeber der Stärkung der Rechte der Schwerbehindertenvertretungen zu genüge Rechnung getragen. Er hat dabei bewusst in Kauf genommen, dass nicht die Interessen aller schwerbehinderten Menschen im Konzern berücksichtigt werden.

Diese Differenzierung zwischen vertretenen und vertretungslosen Schwerbehinderten, die unter dem Dach eines übergeordneten Konzerns angesiedelt sind, verstößt auch nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.

Jede gesetzliche Regelung muss generalisieren. Das Ziel des § 97 Abs. 2 Satz 2 SGB IX besteht nicht darin bestimmte Personengruppen zu benachteiligen, sondern das auf Wahlen gestützte Repräsentationsprinzip nur dort zu durchbrechen, wo die Wahl einer Gesamtschwerbehindertenvertretung von vornherein ausscheidet, weil das Unternehmen nur aus einem Betrieb besteht.

Quelle:
LAG Hamburg, Beschluss vom 07.02.2013,
Aktenzeichen: 7 TaBV 10/12

Tipp der Online-Redaktion:
» Gesamt- und Konzernschwerbehindertenvertretung «, von Rudolph, in »Arbeitsrecht im Betrieb« 11/2010, S. 681-683.

(c) bund-verlag.de (ts)

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