Sozialrecht

Betriebsräte benötigen Kenntnisse im Sozialrecht

08. Mai 2017
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Das Sozialrecht spielt im Arbeitsleben eine wichtige Rolle. Für die richtige Beratung von Beschäftigten sind Kenntnisse im Sozialrecht und Sozialversicherungsrecht unerlässlich. Dabei sind beide Rechtsgebiete sehr komplex und stellen Betriebsräte vor große Aufgaben. Welche das sind, erläutert Dr. Judith Kerschbaumer, Mitherausgeberin unseres Kompaktkommentars Sozialrecht .

1. Warum sind für Betriebsräte Grundkenntnisse im Sozialrecht unerlässlich?

Dr. Judith Kerschbaumer:

 

Betriebsräte können Fragen über Folgewirkungen ohne Kenntnisse im Sozialrecht und insbesondere Sozialversicherungsrecht kaum mehr beantworten. Nur eine wenige Beispiele verdeutlichen dies: Was sind die sozialversicherungsrechtlichen Folgen von Arbeits- und Werkverträgen? Welche Fallstricke hat ein Minijob? Welche Folgen hat eine Kündigung auf die soziale Absicherung der Beschäftigten jetzt und im Alter? Wie hoch ist das Arbeitslosengeld und wie lange wird es gezahlt? Auf was ist dabei zu achten? Was passiert, wenn Beschäftigte längere Zeit krank sind? Wie sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgesichert, wenn sie für eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten? Welche Folgen hat ein Arbeitsunfall? Was geschieht, wenn man nicht mehr arbeitsfähig ist? Was kann unterstützend getan werden, wenn ein Kollege schwerbehindert wird? Wie hoch wird die Rente sein? Wann können Versicherte in Rente gehen?

Die Beratungspraxis vieler Betriebsräte setzt zumindest Grundkenntnisse im Recht der Sozialen Sicherung voraus. Oft werden weitere Kenntnisse z.B. bei Interessenausgleich- und Sozialplanverhandlungen erforderlich. Aber auch in der individuellen Beratungspraxis steigen die Anforderungen, z. B. wenn Beschäftigte Rat auf die Frage suchen, ob ein Aufhebungsvertrag unterschrieben werden soll. Wichtig ist es deshalb, einen kompakten und vielseitigen Ratgeber zur Hand zu haben.

 

2. Welche Themen werden überhaupt vom Begriff des »Sozialrechts« umfasst?

Dr. Judith Kerschbaumer:

 

Das Sozialrecht regelt im Wesentlichen die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat und ist in den 12 Büchern des Sozialgesetzbuches (SGB) und in weiteren Gesetzen geregelt. Es umfasst neben den Normen des SGB z.B. das Wohngeldgesetz, das Opferentschädigungsgesetz und das Bundesversorgungsgesetz.

Das Sozialversicherungsrecht als Teil des Sozialrechts regelt das Recht der Kranken-, Pflege-, Unfall-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung und folgt dem Versicherungsprinzip: In der Regel wird eine Leistung (z.B. Krankengeld, Rente) nur dann gewährt, wenn die Versicherten zuvor in die entsprechende Versicherung eingezahlt haben. Das Gegenstück ist das Fürsorgeprinzip: Hier gewährt der Staat Leistungen, die von einem zuvor gezahlten Beitrag unabhängig sind: Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Opferentschädigung usw.

 

3. Was sind die wichtigsten Änderungen der letzten Zeit? Was sind die Auswirkungen dieser wichtigsten Änderungen?

Dr. Judith Kerschbaumer:


  • Pflegeversicherung: Zum 1.1.17 wurde der Pflegebedürftigkeitsbegriff neu definiert und anstelle von 3 Pflegestufen 5 Pflegegrade eingeführt.
  • Teilhabe: Mit dem Bundesteilhabegesetz sollen Menschen mit Behinderung selbstbestimmter leben können. Zum 1.1.17 wurden zahlreiche Leistungsverbesserungen auch für die Interessenvertretungen eingeführt, z.B. wurde der Schwellenwert für die Freistellung der Vertrauensperson gesenkt, ihre Arbeit wird erleichtert und Stellvertreter/innen haben einen Anspruch auf Fortbildung.
  • Rente: Mit dem Rentenpaket zum 1.7.2014 wurde die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren ab 63 eingeführt, die Leistungen der Erwerbsminderungsrente und die rentenrechtliche Bewertung von Kindererziehungszeiten für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, verbessert. Zum 1.1.16 gab es deutliche Rentenanpassungen von 4,25% in den alten und 5,95% in den neuen Bundesländern. Mit dem Flexigesetz kann der der Übergang vom Erwerbsleben in die Rente flexibler gestaltet werden und Möglichkeiten der Prävention werden verbessert.

4. Wie können Betriebsräte bei dem Thema Erfolge verbuchen bzw. was können Sie da bewirken?

Dr. Judith Kerschbaumer:

Die vornehmlichste Aufgabe von Betriebsräten ist die Information und Beratung der Beschäftigten sowie die Gestaltung und der Abschluß von Betriebsvereinbarungen. Dazu ist umfangreiches Wissen erforderlich, auf das die Interessenvertretung schnell und kompakt zugreifen können muss.

© bund-verlag.de (ls)

 

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