Betriebsräte sind gefordert
15. Juli 2016
Arbeit 4.0 bietet große Chancen aber auch erhebliche Risiken für Betriebsräte. Veränderungs- und Innovationszyklen werden kürzer, es muss immer schneller reagiert werden. Arbeitnehmer arbeiten weltweit zusammen, die digitale Vernetzung ermöglicht es, Arbeit und Dienstleistungen von (fast) überall zu erbringen. Ort und Zeit der Leistungserbringung werden hochflexibel. Es spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, wo sich der Unternehmenssitz befindet.
Wie wird Mitbestimmung künftig aussehen?
Die Digitalisierung eröffnet zahlreiche betriebliche Gestaltungsfelder für die Mitbestimmung. So steigt der Wunsch von Arbeitgebern nach Cloud- und Social-Media-Anwendungen. Das bietet völlig neue Möglichkeiten der Verhaltens- und Leistungskontrolle, die sich nur durch entsprechende Vereinbarungen eingrenzen lassen. Der Betriebsrat muss deshalb einen kollektiven Schutz bieten, ohne den Einzelnen zu sehr in seiner Entfaltung einzuschränken. Regelungen zum Home Office oder zum mobilen Arbeiten sind schon längst nicht mehr die einzigen Herausforderungen. Schwierig, dabei die Balance zwischen den verschiedenen Interessen aller Beteiligten zu halten und den Wünschen eines Jeden gerecht zu werden.Durch Betriebsvereinbarung mitgestalten
Arbeit 4.0 und Digitalisierung ist kein in sich abgeschlossenes Thema. Es geht vor allem darum, in Betriebsvereinbarungen die Leistungs- und Verhaltenskontrolle auf ein absolutes Mindestmaß zu begrenzen und die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer durch einen umfassenden Datenschutz zu gewährleisten. In den Kontextthemen wie dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, der Arbeitszeitgestaltung oder der Qualifizierung müssen Betriebsräte versuchen, Nachteile für die Beschäftigten zu mildern.So sind E-Mail und Internet wichtig für die Kommunikation im Betrieb und mit Kunden. Wer »googelt« nicht schnell seine Antworten zu Fragen jeden Themas zusammen? Selten ist aber abschließend geklärt, ob und wenn ja, in welchem Umfang der dienstliche E-Mail-Account und das Internet auch für private Zwecke genutzt werden dürfen. Ist erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist? Klare Regelungen in Betriebsvereinbarungen sind notwendig, um im Streitfall Probleme zu vermeiden, wenn etwa der Arbeitgeber eine Kündigung auf ausgewertete private Daten stützen möchte.
Die Zurverfügungstellung des Internets und des E-Mail-Accounts auch für private Zwecke ist zunächst eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers und deshalb vom Betriebsrat nicht erzwingbar. Anders sieht es aus, wenn es um die Ausgestaltung geht, also wenn etwa bei erlaubter Privatnutzung konkrete Vorgaben zur Nutzung von Internet und E-Mail aufgestellt werden. Der Mitbestimmung obliegen Regelungen, ob die private Nutzung nur außerhalb oder auch während der Arbeitszeit erfolgen darf, ob Social-Media-Seiten aufgerufen werden dürfen und in welchem Umfang. Der Betriebsrat ist zudem einzubeziehen, wenn es darum geht, welche beruflichen Inhalte Arbeitnehmer (beispielsweise über Xing oder LinkedIn) offenbaren dürfen. Nicht zuletzt ist in einer Betriebsvereinbarung zu klären, mit welchen Sanktionen bei Überschreitung der Nutzungsbedingungen zu rechnen ist. So kann sich der Arbeitgeber bei Verstößen gegen eine Betriebsvereinbarung zur privaten Internetnutzung vorbehalten, die private Nutzung im Einzelfall zu untersagen. Denkbar wären ebenso Schadensersatzansprüche, die durch die Nutzung kostenpflichtiger Internetseiten ausgelöst werden. Diese Bedingungen betreffen regelmäßig das Ordnungsverhalten und unterliegen damit dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.