Unfallversicherung

Bier wandert auf eigene Gefahr

08. September 2017
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Quelle: © Otto Durst / Foto Dollar Club

»Tee muss ziehen, Kaffee darf sich setzen.« sagt eine Küchenweisheit. Aber auch beim Biergenuss sind längere Wege nicht ratsam. Denn bei der »Bierwanderung« eines Sportvereins sind Arbeitnehmer nicht gesetzlich unfallversichert. Erleidet ein Arbeitnehmer bei einem Bier-Parcours mit Kollegen einen Unfall, liegen weder eine Betriebsveranstaltung noch Betriebssport vor - so das Hessische Landessozialgericht.

Buchhalterin stürzt nach Bierwanderung

Eine Frau aus dem Vogelsbergkreis ist als Lohnbuchhalterin bei einer Steuerfachanwaltskanzlei mit insgesamt zehn Beschäftigten tätig. Mit den anderen beiden Mitarbeiterinnen der Buchhaltungsabteilung nahm sie an einer von einem Sportverein ausgerichteten Bierwanderung teil. Sie liefen dabei einen Parcours von 7 km mit mehreren Stationen ab. Beim Ausklang der Bierwanderung nach 22 Uhr stürzte die 58-jährige Frau und verletzte sich am linken Unterarm.

Berufsgenossenschaft bestreitet Arbeitsunfall

Den Antrag der Frau auf Anerkennung eines Abeitsunfalls lehnte die Berufsgenossenschaft ab. Die Veranstaltung habe nicht dem Zweck gedient, die Betriebsverbundenheit zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern zu fördern. Es habe sich vielmehr um eine private Veranstaltung der Mitarbeiterinnen gehandelt. Zudem sei die von einem Sportverein veranstaltete Wanderung, an welcher 2.500 Personen teilgenommen hätten, nicht unternehmensbezogen organisiert worden.

Unfallversichert sind nur betriebliche Veranstaltungen

Verunglückt ein Arbeitnehmer bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, so steht der Arbeitsunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch, wenn der Unfall sich während des Betriebssports oder einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ereignet. Nehmen nur einige Mitarbeiter an einer durch Dritte organisierten Großveranstaltung teil, so besteht kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz, entschied der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Wann liegt eine betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung vor?

Die Richter beider Instanzen haben die Entscheidung der Berufsgenossenschaft bestätigt. Zwar stünden auch Unfälle im Rahmen betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dafür sind aber bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen.
Voraussetzungen für den Unfallversicherungsschutz:

  1. Der Arbeitgeber führt die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durch oder lässt sie durchführen.
  2. Die Teilnahme steht allen Beschäftigen offen und ist objektiv möglich.

  3. Die Veranstaltung wird im Wesentlichen allein für die Beschäftigten angeboten.
  4. Die Veranstaltung zielt darauf ab, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. Daran kann es fehlen, wenn Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder sportliche bzw. kulturelle Interessen im Vordergrund stehen.

Bier-Ausflug mit Kollegen ist keine Betriebsfeier

Nehmen lediglich drei von zehn Mitarbeitern an der Veranstaltung teil, sei bereits fraglich, ob es sich um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung handele. Jedenfalls fehle es aber an einer eigenen Programmgestaltung der Steuerfachanwaltskanzlei. Auch ein Zusatz- oder Rahmenprogramm sei nicht ersichtlich. Damit handele es sich um keine eigenständige betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, sondern dem äußeren Erscheinungsbild nach lediglich um die Teilnahme an einer von einem Sportverein organisierten Großveranstaltung, die nicht nur den Beschäftigten, sondern jedermann offen gestanden habe.

Ob der Arbeitgeber die Teilnahme spendiert, ist unerheblich

Die Richter verwiesen außerdem darauf, dass weder die Unternehmen noch deren Beschäftigte es in der Hand hätten, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auszuweiten. Dementsprechend käme es auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Teilnahmekosten übernehme und die Mitarbeiter verpflichte, während der Veranstaltung betriebliche Kleidung zu tragen. Eine Wanderung von Bierstation zu Bierstation sei zudem nicht als Betriebssport gesetzlich unfallversichert.

© bund-verlag.de (ck)

 
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