Betriebsratswahl

Formloser Beschluss im Teilbetrieb genügt

01. Juni 2017
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In einem selbständigen Teilbetrieb können die Arbeitnehmer darüber abstimmen, ob sie an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebes teilnehmen möchten. Der Beschluss ist formfrei. Jedoch kann ein Ausschluss von stimmberechtigten Personen die Wahl anfechtbar machen – so das LAG Düsseldorf. Was das für die Praxis bedeutet, erklärt Matthias Beckmann von der DGB Rechtsschutz GmbH.

Der Arbeitgeber hatte eine Betriebsratswahl angefochten, weil er meinte, dass gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen worden sei. Außerdem sei der Betriebsbegriff verkannt worden. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, bei mehreren Betrieben und Betriebsteilen festzulegen, in welchen Betrieben die Wahl durchgeführt werden muss und ob Betriebe zusammengefasst werden können.

Eigenständiger Betrieb oder Betriebsteil?

Das BetrVG differenziert zwischen eigenständigen Betrieben und Betriebsteilen (§ 4 BetrVG). Betriebsteile werden dann noch mal in einfache und qualifizierte Betriebsteile unterschieden.

Vorliegend war streitig, wie die Arbeitsstätte einzuordnen sei. Der Arbeitgeber meinte, es sei ein eigenständiger Betrieb. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, es sei lediglich ein qualifizierter Betriebsteil. Nur dem qualifizierten Betriebsteil steht es frei, an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebes teilzunehmen, bestimmt § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Da bei der angefochtenen Wahl so verfahren worden war, kam es auf die Unterscheidung an.

Ein qualifizierter Betriebsteil ist definiert als eine Einheit, die zwar in die Organisation eines Hauptbetriebs eingegliedert und an dessen Zweck ausgerichtet ist, dem Hauptbetrieb gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbstständigt ist. Entscheidend ist der Umfang der Leitungsmacht vor Ort. Werden alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten vor Ort ausgeübt, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb.

Diese Frage muss stets im Einzelfall geklärt werden. Hier war das LAG überzeugt, dass ein qualifizierter Betriebsteil vorlag. Grundsätzlich stand damit die Möglichkeit der Beteiligung an der BR-Wahl im Hauptbetrieb offen.

Formloser Beschluss möglich

Der Arbeitgeber hatte an der Wahl aber noch mehr auszusetzen: die acht Mitarbeiter des Standortes hatten beim Frühstück besprochen, ob sie sich der BR-Wahl anschließen wollen. Hierüber haben sie dann durch Handheben abgestimmt. Der Arbeitgeber hielt dies wegen formeller Mängel für nicht zulässig.

Das LAG wies diese Auffassung zurück. Das Gesetz sehe ausdrücklich einen formlosen Beschluss vor, so steht es in § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Weder sei eine förmliche Betriebsversammlung notwendig, noch müsse die Abstimmung geheim erfolgen. Weiter reiche es aus, dass der Vorschlag von nur einem Mitarbeiter allein gekommen sei, da die anderen sich diese Initiative zu Eigen gemacht hätten, indem sie an Diskussion und Abstimmung teilgenommen hätten.

Den Mitarbeitern war allerdings insoweit ein Fehler unterlaufen, als dass sie eine wahlberechtigte studentische Hilfskraft nicht bei der Abstimmung beteiligt hatten. Weil sie aber im Übrigen einstimmig beschlossen hatten, an der Wahl teilzunehmen war dies unschädlich. Die einfache Stimmenmehrheit reicht aus. Eine (eventuelle) Gegenstimme hätte am Ergebnis nichts geändert.

Praxistipp: Betrieb und Betriebsteil


Die Abgrenzungen von Betrieb und Betriebsteil bzw. die Unterscheidung zu qualifizierten Betriebsteilen sorgt häufig für Schwierigkeiten und muss immer im Einzelfall erfolgen.

Indikatoren für die in einem selbstständigen Betrieb erforderliche Leitungsmacht sind beispielsweise die selbständige Befugnis zur Vornahme von Einstellungen oder Kündigungen, die Lohnbestimmungen oder zu Urlaubs- und Arbeitszeitabstimmung.

Voraussetzungen für einen qualifizierten Betriebsteil in Abgrenzung zum einfachen Betriebsteil sind mindestens fünf Beschäftigte sowie entweder eine räumlich weite Entfernung zum Hauptbetrieb oder eine Eigenständigkeit in Aufgabenbereich und Organisation.

Steht fest, dass der Standort ein qualifizierter Betriebsteil ist, steht der Weg zur Beteiligung an der BR-Wahl im Hauptbetrieb offen. Dabei muss überlegt werden, ob ein eigener Betriebsrat am Standort sinnvoll ist.

Für die Abstimmung unter den Beschäftigten sind die Hürden – wie die Entscheidung zeigt – nicht hoch. Aber dennoch gilt: Fehler bei dem Beschluss, die das Abstimmungsergebnis beeinflussen und sich auf die BR-Wahl auswirken, führen zur Anfechtbarkeit der BR-Wahl.

Wäre die Entscheidung im hiesigen Fall nicht einstimmig gefallen sondern eine knappe Sache gewesen, hätte das Vergessen der studentischen Hilfskraft zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl geführt.

  • Das nötige Wissen für den Wahlvorstand: »Wahlvorstandsschulung« in AiB 10/2013, S. 558-561.

Quelle

LAG Düsseldorf
Aktenzeichen 12 TaBV 67/14
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