Tarifbindung

TVÖD-Gehalt trotz Privatisierung und Betriebsübergang

27. April 2015

Ein Krankenpfleger ist auch nach dem Verkauf seiner Klinik gemäß TVÖD zu bezahlen, wenn sein Arbeitsvertrag eine unbedingte Bezugnahme auf den Tarifvertrag enthält. Dem steht der Schutz von Erwerbern nach Unionsrecht nicht entgegen, entschied das LAG Berlin-Brandenburg.

Krankenpfleger wechselt zu privater Arbeitgeberin

Der nichttarifgebundene Arbeitnehmer wurde von dem Rechtsvorgänger der Arbeitgeberin als Krankenpfleger eingestellt. In dem Arbeitsvertrag vom 05.08.2002 wurde auf den BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Bezug genommen.

Das Arbeitsverhältnis ging im Jahr 2006 vom Land Brandenburg auf die beklagte Arbeitgeberin über, einer privaten Krankenhausbetreiberin, die im Jahr 2013 mit der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mehrere Haustarifverträge abschloss und sie auf das Arbeitsverhältnis anwendete. Die Arbeitgeberin weigerte sich, die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Gehaltserhöhungen an den Kläger zu zahlen.

Bindung des Arbeitsverhältnisses an TVöD geht weiter

Das LAG Berlin-Brandenburg entschied zugunsten des Krankenpflegers. Der Arbeitsvertrag enthielt eine unbedingte Bezugnahme auf den bisherigen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung.

Dies bindet im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auch den Betriebserwerber, entschied das Gericht.

Das Arbeitsverhältnis ist nicht auf der Grundlage der Haustarifverträge durchzuführen, weil diese weder einzelvertraglich vereinbart worden seien noch kraft Tarifbindung gelten.

Eine Ablösung der in Bezug genommenen Tarifverträge sei wegen der fehlenden Tarifbindung des Arbeitnehmers auch nicht infolge des Betriebsübergangs (§ 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB) erfolgt.

Unionsrecht steht nicht entgegen

Die zeitdynamische Weitergeltung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes widerspreche nicht dem Unionsrecht und der Entscheidung des EuGH vom 08.07.2013 (- C-426/11 - Alemo-Herron).

Der von der Richtlinie 2001/23/EG geforderte Schutz der Erwerberinteressen und die in der Grundrechtecharta garantierte Unternehmerfreiheit gebietet nicht, eine Bindung des Betriebserwerbers an die arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifverträge auszuschließen.

Dies gilt zumindest solange das nationale Recht dem Erwerber ermöglicht, den Arbeitsvertrag durch einvernehmliche Änderung oder Änderungskündigung anzupassen.

Ein anderes Verständnis der genannten Entscheidung des EuGH sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LAG Berlin-Brandenburg (03.12.2014)
Aktenzeichen 24 Sa 1126/14
LAG, Pressemitteilung Nr. 06/15 vom 18.03.2015
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