Arbeitskampf

Kein Schadenersatz für gestrichene Flüge

26. August 2015

Airlines können streikende Gewerkschaften für Flugausfälle nicht haftbar machen, so das BAG in einer Grundsatzentscheidung. Eine streikführende Gewerkschaft, so heißt es, haftet grundsätzlich nicht für Schäden, die Dritten durch den Arbeitskampf entstehen. Das gilt auch, wenn der Streik rechtlich fraglich ist.

Flugausfälle bei Streik gegen die Deutsche Flugsicherung (DFS)

Die vier Klägerinnen betreiben Luftverkehrsunternehmen. Die beklagte Gewerkschaft der Flugsicherung e.V. (GdF) vertritt die berufs- und tarifpolitischen Interessen des Flugsicherungspersonals in Deutschland. Die Klägerinnen verlangen Schadenersatz von der GdF, weil durch einen Streik der Fluglotsen am 6.4.2009 am Stuttgarter Flughafen Flüge ausgefallen sind, sich verspäteten oder umgeleitet werden mussten.

Unterstützungsstreik der Fluglotsen

Im Frühjahr 2008 forderte die GdF den Betreiber des Verkehrsflughafens Stuttgart - die Flughafen Stuttgart GmbH - zu Tarifverhandlungen für die dort beschäftigten Arbeitnehmer der Bereiche Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale auf.

Nach Scheitern der Verhandlungen wurde 2009 auf unbestimmte Zeit gestreikt. Für den 6.04.2009 rief die GdF die bei ihr organisierten Fluglotsen, die bei der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) angestellt sind, am Standort Stuttgart zu einem Streik in der Zeit von 16.00 bis 22.00 Uhr auf.

Der Streik hatte den Zweck, den Hauptarbeitskampf der Beschäftigten in den Bereichen Vorfeldkontrolle/Verkehrszentrale zu unterstützen. Entsprechend einer Notdienstvereinbarung mit der DFS wickelten die Fluglotsen 25 % des planmäßigen Luftverkehrs ab.

Fluggesellschaften wollen Schadenersatz

Dennoch fielen zahlreiche Flüge der Klägerinnen aus, weitere hatten Verspätung oder mussten umgeleitet werden. Aufgrund einer Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main brach die GdF den Unterstützungsstreik vorzeitig ab.

Die Fluggesellschaften verlangten daraufhin Schadenersatz von der GdF aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB), weil der Unterstützungsstreik ihrer Ansicht nach rechtswidrig war. Allerdings wiesen schon das Arbeitsgericht Frankfurt und das Hessische Landesarbeitsgericht (Hessisches LAG, Urteil vom 25.04.2013 – 9 Sa 561/12) die Klagen ab.

BAG weist alle Forderungen ab

Auch vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatten die Klägerinnen keinen Erfolg. Das BAG lehnte einen Schadensersatzanspruch gegen die streikführende Gewerkschaft wegen der ausgefallenen Flüge unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt ab.

Im Einzelnen entschied das BAG über diese Anspruchsgrundlagen:

  • Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer widerrechtlichen Eigentumsverletzung in Form einer erheblichen Nutzungsbeeinträchtigung an den Flugzeugen besteht nicht.

  • Das Recht der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht verletzt. Der Streik der Fluglotsen war gegen den Betrieb der DFS gerichtet. Ein Eingriff in die Gewerbebetriebe der Klägerinnen war damit nicht verbunden und ist insbesondere nicht wegen der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für Luftverkehrsunternehmen anzunehmen.

  • Auch die Voraussetzungen einer sittenwidrigen Schädigung der Klägerinnen im Sinne von § 826 BGB durch den Arbeitskampf bei der DFS liegen nicht vor.


Hinweis:
Der 1. Senat des BAG weist darauf hin, dass er am gleichen Tag die Revisionen von drei weiteren Fluggesellschaften zurückgewiesen hat, die sich gegen die Abweisung von weiteren Schadenersatzklagen gegen die GdF richteten. Gegenstand der Klage waren ausgefallene Streikmaßnahmen der GdF am 4. und 9. August 2011. Auch diese Klagen blieben erfolglos (BAG, Urteil vom 25.08.2015 - 1 AZR 875/13 -).

Quelle:

BAG, Urteil vom 25.08.2015
Aktenzeichen 1 AZR 754/13
BAG, Pressemitteilung Nr. 43/15 vom 25.08.2015

© bund-verlag.de (ck)

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